Geilenkirchen. In der Konrad-Adenauer-Str. 134, wurden am 5. März 2013 sechs „Stolpersteine“ im Gedenken an die Familie Hertz verlegt. Die Eltern Jacob Hertz (ermordet 1943 in Sobibor) und Dora Hertz, geb. Hirsch (verstorben 1941 in Amsterdam), und ihre vier Kinder Ernst (ermordet 1944 in Auschwitz) sind in die Niederlande geflohen. Albert (verstorben 1981 in Amsterdam), Hugo (nach Israel emigriert) und Bertha, verheiratete Abbas und 1970 in Amsterdam verstorben, haben versteckt überlebt.
In Sichtweite der Familie Hertz wohnte die Familie Gottschalk, Konrad-Adenauer-Str. 124: Emil Gottschalk und seine Frau Ida, geb. Kahn, mit Sohn Ernst (*1931) und Emils Schwester Herta Gottschalk. Sohn Ernst hat in den USA überlebt, die anderen drei Mitglieder der Familie sind – trotz Flucht nach Belgien – 1942 in Auschwitz umgebracht worden.
Am 9. November wurde von der Stadtverwaltung Geilenkirchen nach vorheriger Mitteilung aus der Bevölkerung festgestellt, dass sechs Stolpersteine der Familie Hertz, die in Geilenkirchen auf dem Gehweg der Konrad-Adenauer-Straße verlegt sind, mit weißer/silberner Farbe besprüht wurden. Die Kreispolizeibehörde Heinsberg wurde unterrichtet. Es wurde seitens der Stadt Geilenkirchen eine Strafanzeige erstattet und Strafantrag gestellt. Nachdem der städtische Bauhof die besprühten Steine umgehend gereinigt hatte, wurde am 14. November festgestellt, dass die gleichen Gedenksteine früherer Geilenkirchener jüdischen Glaubens erneut besprüht waren.
Der Synagogenplatz in Geilenkirchen ist nur ca. 200 m von den Stolpersteinen der Familie Hertz entfernt. Am 9. November fand -wie jedes Jahr- der Lichtergang zum Gedenken an die Verbrechen der Pogromnacht, organisiert von der Initiative Erinnern, in Geilenkirchen statt. Der Lichtergang führt an den vorgenannten Stolpersteinen vorbei.
Ungewöhnlich und auffällig ist, dass im letzten Jahr die gleichen Stolpersteine zum gleichen Zeitpunkt auch mit silberner/weißer oder heller Farbe besprüht wurden!
Leider wurde am 19. November erneut festgestellt, dass vier Stolpersteine der Familie Gottschalk und weitere sechs Stolpersteine der Familie Hertz, die im Gehweg vor der Konrad-Adenauer-Straße 124 und 132 verlegt wurden wieder von Unbekannten besprüht wurden. Die unfassbare Tat ereignete sich nach der Reinigung dann nochmals in der Nacht vom 20. auf den 21. November dieses Jahres. Auch hier wurde seitens der Stadtverwaltung eine Strafanzeige erstattet.
Die Bürgermeisterin Daniela Ritzerfeld hat nach Rücksprache mit der Kriminalinspektion Staatsschutz beim Polizeipräsidium Aachen für die Ergreifung des Täters oder der Täter eine Belohnung von insgesamt 1.000 Euro ausgelobt. Die Zuerkennung und Verteilung der Belohnung erfolgt unter Ausschluss des Rechtsweges. Sollten sich mehrere Personen mit Hinweisen melden, so wird unter Berücksichtigung des Eingangs und der Wertigkeit der Hinweise entschieden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des BGB. An der Straftat beteiligte Personen sind von der Zuerkennung ausgeschlossen. Die Belohnung ist auch für Amtsträger(innen) bestimmt, zu deren Berufspflicht die Verfolgung von strafbaren Handlungen gehört.
Alle seit dem 27.11.2022 eingegangenen und bis zum 28.02.2023 eingehenden Hinweise, die zur Ergreifung / Überführung des Täters / der Täter führen, werden berücksichtigt.“
Sachdienliche Hinweise sind an die Polizei unter der Telefonnummer: 02452-9200, E-Mail: poststelle.heinsberg@polizei.nrw.de oder an die Stadt Geilenkirchen, Tel. 02451-629-214 oder 629-201, E-Mail: wolfgang.robertz@geilenkirchen.de zu richten.
Mit den sachdienlichen Hinweisen ist das so eine Sache, meistens heisst es nach Wochen von der Staatsanwaltschaft „Verfahren eingestellt, kein Emittlungserfolg“
Hier mützt nur eine unauffällige Kameraüberwachung, ist bei der Lage der Pflastersteine aber auch am Rathaus, Bahnhof etc ohne weiteres möglich.
Antisemitische Taten und Worte sind immer auch Angriffe auf unsere ganze Gesellschaft. Sie zielen auf die menschliche Würde, auf Frieden, Freiheit und Toleranz. Die Zahl antisemitischer Übergriffe und Beleidigungen in Deutschland steigt! Es hat alles einmal so ähnlich angefangen! Das zeigt uns die Geschichte! Das nachfolgende Zitat von Heinrich Heine passt daher auch irgendwie zu den beschmierten Stolpersteinen. „Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.“ Mehr mahnende Worte habe ich daher nicht für das wiederholt „feige“ Beschmieren jüdischer Geschichte in Geilenkirchen!
Günther hat es auf den Punkt gebracht! Wann werden wir eigentlich wach! In Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern ist ein Aufstieg rechtspopulistischer und rechtsnationalistischer Parteien festzustellen, der nicht zuletzt mit sich offensiv artikulierendem Rassismus einhergeht. Jüdinnen und Juden in Europa erfahren seitdem eine Zunahme von offenem Antisemitismus. Das bereitet mir ernsthafte Sorgen!
Extremisten gibt es rechts und links. Während der Staat lange auf dem rechten Auge blind war, ist er es nun auf dem linken. Leider nimmt er nun zwar rechtsextreme Symbole wahr und ist zurecht entrüstet, aber linke Zeichen, die ebenfalls eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen, werden meist ignoriert. Die Ge- und Verbote des Grundgesetzes gelten für jeden. Der Staat sollte beide Augen offenhalten.
Tim! Du hast ja Recht! Beide Augen auf! Aber die wiederholten Schmierereien an den Gedenksteinen früherer Geilenkirchener wurden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht von PMTL (politisch motivierten Straftätern links) begangen. Hier vermute ich, auch aufgrund der Tattage rund um das Datum der Reichspogromnacht (09.11.) eher rechte Täter. Genau wie bei der unfassbaren Schändung des Jüdischen Friedhofs in Geilenkirchen vor fast genau 3 Jahren!