
Geilenkirchen. Der Geilenkirchener Haushalt für das Jahr 2017 hat die Hürde der Debatte im Rat genommen. Ohne Gegenstimmen wurde der Entwurf bei der Ratssitzung am Mittwochabend verabschiedet. Zwar gab es teils heftige kritische Stimmen aus den Fraktionen, doch richteten diese sich nicht gegen das Zahlenwerk, sondern gegen Einzelpunkte und vor allem gegen die Verwaltungsspitze in Person von Bürgermeister Georg Schmitz. Einig waren sich die Sprecher der sechs Fraktion beim Lob für Kämmerer Daniel Goertz und seine Mitarbeiter für deren hervorragende Arbeit. Das Ergebnis dieser Arbeit ist ein Haushalt, der bei den Einnahmen rund 63 733 000 Euro und den Ausgaben 66 576 000 Euro ausweist. Der Fahlbetrag liegt bei etwa 2,8 Millionen Euro und ist damit um gut 1,1 Million Euro geringer als im Vorjahr.
Wenn diese Entwicklung sich so fortsetzen werde und man 2020 einen ausgeglichenen Haushalt erreiche, schaffe man etwas, das viele Kommunen im Land nicht erreichten. Mit dieser Feststellung eröffnete Max Weiler für die CDU als größte der sechs Fraktionen den Reigen der Haushaltsreden, die wie in jedem Jahr auch zur Selbstdarstellung und Abrechnung mit den politischen Gegnern genutzt wurden. Weiler unternahm einen Rückblick auf die Kommunalpolitik im fast abgelaufenen Jahr und betonte dabei, dass sich in der Ratsarbeit die Kooperation von CDU und SPD ausgezahlt habe. In seinem Rückblick übte er auch Kritik am Bürgermeister, dessen „Awacs am Stiel“, also ein geplantes Awacs-Museum am Wurmauenpark, zwar eine coole Idee gewesen sei, die jedoch schlecht umgesetzt wurde. Harte Kritik ging auch an die Adresse der Grünen., die im Zusammenhang mit Bauplänen am Nierstrasser Weg unbescholtenen Bürger an den Pranger gestellt hätten.
Ein Schwerpunk der CDU-Politik bleibt nach Max Weiler das Bürgerhaus in Bauchem. Hier stehe man an der Seite der Vereine. Die Forderung der Grünen nach einem Jugendtreff für Bauchem sei zwar richtig, doch könne es einem solchen Treff nur in Verbindung mit dem Bürgerhaus geben. Wie die meisten der anderen Fraktionssprecher sprach auch Weiler die Pläne für die Fliegerhorstsiedlung Teveren an. Auch die CDU wisse, dass die BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) ein schwieriger Partner sei, doch man müsse weiter mit ihr verhandeln, wenn man zum Ziel kommen wolle. Zufrieden zeigte sich Weiler damit, dass es kaum nennenswerte Steigerungen bei den städtischen Gebühren gebe und die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer nicht verändert wurden. Wie später die anderen Fraktionssprecher sah auch er die Entwicklung der steigenden Kreisumlage kritisch, und in einem Ausblick auf die Zukunft sprach er unter anderem die notwendigen Bemühungen im Kampf gegen Leerstände an. Hinsichtlich des Industriegebietes Lindern, so Weiler, müsse man am Ball bleiben, und bei der guten Entwicklung des Gewerbegebietes Niederheid-Süd gelte es schon jetzt, über weitere Gewerbeflächen nachzudenken.
Kreisumlage als Selbstbedienung
Für die SPD hielt Marko Banzet die Haushaltsrede und wies den Vorwurf des Bürgermeisters, das Land behandele die Kommunen finanziell schlecht, zurück. Das zeige ein Blick auf die Schlüsselzuweisungen, die mit 9,6 Millionen Euro für Geilenkirchen einen neuen Höchststand erreicht hätten. Hinsichtlich der ständig steigenden Kreisumlage forderte er ein klares Nein aller Bürgermeister des Kreises und der Vertreter der Parteien im Kreis gegen diese Form der „Selbstbedienung“. Dass die Personalsituation der Verwaltung nicht rosig ist, belegte Banzet am Beispiel des Ordnungsamtes, dem Mitarbeiter fehlten, um Kontrollen zur Verkehrssicherheit auch in den Dörfern durchzuführen. Eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben für die Stadt sieht die SPD im Stadtmarketing, und hier sei die Verwaltung unter anderem mit dem Amt für Bildung und Wirtschaft auf dem richtigen Weg. Auch Banzet bezeichnete die Zusammenarbeit seiner Fraktion mit der CDU als richtigen Schritt, mit dem man Verantwortung übernehme. An die Adresse der Grünen richtete er den Vorwurf, ihnen gehe es nicht um die Sache, sondern um blinden Aktionismus, wenn sie zum Beispiel aus Trotz und Protest eine Ausschusssitzung verlassen.
Einer der Schwerpunkte in den SPD-Ausführungen war die Flüchtlingspolitik, die in Geilenkirchen keine Parteipolitik sei. Hier folgten dem SPD-Sprecher später die Sprecher der übrigen Fraktionen, die einhellig die erfolgreiche Integrationsarbeit würdigten und der Integrationsbeauftragten Wolf dankten. Hier zeigte sich auch die Crux der Rednerreihenfolge die zu vielen Wiederholungen führt, wie es später Gabi Kals-Deussen als letzte Rednerin ansprach.
Chefsache Stadtmarketing
Zunächst war jedoch die Fraktion „Geilenkirchen bewegen! und FDP“ mit ihrem Sprecher Wilfried Kleinen an der Reihe, und hier wurde ein weiteres durchgehendes Thema deutlich: die Kritik an Bürgermeister Georg Schmitz. Von Seiten des Bürgermeisters erkenne man keine ernsthaften Bemühungen, das Stadtmarketing als Chefsache voranzutreiben. Man erwarte mehr Interesse und ernstzunehmende umsetzbare Ansätze bei der Stadtentwicklung, dafür sei der Bürgermeister gewählt. Bei den 75 000 Euro, die für nächstes Jahr bei Stadtmarketing eingeplant sind, müsse schon mehr kommen als Weinfest oder Nikolausmarkt.
Wilfried Kleinen sprach auch die Personalpolitik an, bei der man mit mehr als 14,3 Millionen Euro und einer Steigerung von 8,6 Prozent eine Schmerzgrenze erreicht habe. Auch hier sei der Bürgermeister gefragt, der seine Verwaltung so umstrukturieren müsse, dass man keine neuen Stellen brauche. Später ergänzte Kleinen, dass es nach Beförderungen im höheren Dienst nun an der Zeit sei, das Augenmerk auf die unteren Einkommensgruppen zu richten. Zum Thema Vereinsheim Bauchem, stellte Kleinen fest, dass auch seine Fraktion die Notwendigkeit sehe, dass man jedoch über die Kostenzusage von 200 000 Euro hinaus keine weiteren Zusagen stützen werde. Ohne das Zutun der Vereine und Zuschüsse seien die Vorstellungen der Vereine nicht machbar.
Bankrotterklärung
Das Zahlenwerk des Haushalts sah auch Jürgen Benden als Sprecher der Grünen grundsätzlich positiv. Er wiederholte jedoch seine Kritik an den Kosten von insgesamt 20.000 Euro pro Jahr für die nach Meinung der Grünen überflüssigen Ortsvorsteher. Die neue Koalition aus CDU und SPD habe bisher eindeutig zu wenig zustande gebracht. Später sprach er von einer Bankrotterklärung der Sozialdemokraten. Diese hatte nämlich in der gleichen Sitzung gemeinsam mit der CDU den Antrag der Grünen, Eltern mit einem Jahreseinkommen bis zu 25 000 Euro von den Beiträgen für die Kinderbetreuung zu befreien, abgelehnt. Die Grünen, so Benden hätten „ihre Hausaufgaben gemacht“. In einer Erfolgsbilanz nannte er unter anderem die Koppelung der Kinder- und Jugendarbeit an das kommende Bürgerhaus Bauchem, das Strategiekonzept für die Förderung des Radverkehrs, den beschlossenen Bürgerwald für Geilenkirchen. Auch freue man sich über Fortschritte bei der Umstellung auf LED-Beleuchtung, beim Sanierungskonzept für die Sportanlagen und darüber, dass die Stadt beim Neubau des Hallenbades „voll im Soll“ sei. Doch es bleibe auch noch eine Menge zu tun vor allem im sozialen Bereich, die Stadt brauche – da sei man mit den anderen Fraktionen einig – neue Kindergartenplätze, wobei die Grünen sich frühzeitig für den Standort Hünshoven stark gemacht hätten.
Es seien jedoch auch viele Fehler im abgelaufenen Haushaltsjahr gemacht worden. So sei der Vorgang, Bürger wegen eines Leserbriefes anzuzeigen wohl „das Dümmste, was man machen kann“, sagte Benden, und bei den Bauplänen am Nierstrasser Weg sei der Naturschutz mit Füßen getreten worden. Mit dem Zitat eines Wirtschaftswissenschaftlers „Die Reform beginnt an der Spitze. Die Treppe muss von oben gekehrt werden“ bezog er den Bürgermeister in seine Kritik ein. Das Zitat sollte für die nächsten vier Jahre der Leitspruch für den Bürgermeister sein, sagte der Grünen-Sprecher und übergab Bürgermeister Schmitz symbolisch einen Besen.
Führung „massiv ausbaufähig“
Zu einer heftigen Abrechnung mit dem Bürgermeister nutzte Christian Kravanja als Sprecher der Bürgerliste seine Haushaltsrede. De Bürgermeister habe vor gut einem Jahr versprochen, eine Agenda mit Einsparpotentialen vorzulegen, dies Versprechen jedoch nicht gehalten^, und man müsse Einsparungen im Haushalt weiter mit der Lupe suchen. Viel zu sehr setze die Verwaltungsspitze auf steigende Einnahmen. Vor allem der dramatische Anstieg der Personalkosten um mehr als acht Prozent belaste den Haushalt. Auch wenn es dafür nachvollziehbare Gründe gebe, dürfe sich das in den nächsten Jahren nicht wiederholen, sonst sei der Haushaltsausgleich nicht zu erreichen. Bei dem hohen Gehalt des Bürgermeisters dürfe man erwarten, dass dieser sich mit der Verwaltungsführung bespricht und eine Richtung vorgibt. Das sei jedoch nicht geschehen, die Verwaltungsführung durch den Bürgermeister sei „massiv ausbaufähig“. An Beispielen zählte Kravanja auf, dass sich der Bürgermeister zu oft gar nicht oder zu wenig informiert zeige. Kravanja: „Wir fordern Sie eindringlich dazu auf, hier unverzüglich gegenzusteuern und ihren Verpflichtungen als Bürgermeister in dem Maße nachzukommen, wie es dieser verantwortungsvollen Position gebührt.“
In seinen allgemeinen Ausführungen zum Haushalt prangerte Kravanja unter anderem an, dass die Vermarktung von Neubaugebieten durch die Stadtentwicklungsgesellschaft lediglich Geld in die Hände der Sparkasse befördere, eine eigene Vermarktung bringe dagegen Geld in die städtischen Kasse. Auch kündigte er an, das seit langem aufgeschobene Thema „Turnhalle für die Grundschule Gillrath“ wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Für das Jahr 2017 stimme man einem Haushalt zu, der zwar solide aber wenig visionär sei.
Schmerzhafte Maßnahmen
Besonders schwer wegen der Gefahr von Wiederholungen hatte es als sechste und letzte Rednerin Gabi Kals-Deussen von der Fraktion „Für GK“. Einen Haushaltsausgleich 2020 hält sie für machbar, aber diese Prognose sei fragil. Alle Einnahmequellen müssten ausgeschöpft werden, und dazu zählten in den nächsten Jahren sicher auch Gebührenerhöhungen, auch wenn sie für 2017 kaum erfolgt seien. Man müsse auch zu schmerzhaften Maßnahmen greifen, mit dem Sanierungskonzept für die Sportanlagen sei ein Anfang gemacht worden. Notwendig sei auch die Einrichtung einer Verwaltungsstelle mit dem Schwerpunkt „Fördermaßnahmen und Fördermöglichkeiten“, denn man könne es sich nicht leisten, Geld liegen zu lassen. Wie in früheren Reden setzte sie einen Schwerpunkt auf das Thema Dorf. Bei den Herausforderungen wie Mobilität, ärztliche Versorgung und Nahversorgung könne es sich eine Stadt mit 28 Außenorten nicht leisten, „in Deckung zu bleiben“.
Unter dem Stichwort „Ärgernisse“ wehrte sie sich gegen Vorwurf, die Vielzahl der Fraktionen behindere die Ratsarbeit. Kritik übte sie in einem Punkt an ihren Kollegen von den Grünen, nämlich beim Vorgang um das Bauvorhaben am Nierstrasser Weg. Das so genannte Gutmenschen (gemeint waren offensichtlich die Grünen) Privatpersonen an den Pranger stellten und Beamte der Verwaltung der unlauteren Arbeit bezichtigten, sei ein unfassbarer Vorgang und die Methode ansonsten eher fragwürdiger Organisationen. Auch von Gabi Kals-Deussen bekam Bürgermeister Georg Schmitz einiges ins Stammbuch geschrieben. Man habe diesem in vielen Gesprächen – einzeln oder im Kreis der Fraktionsvorsitzenden – Hilfe angeboten, eine Veränderung sei jedoch ausgeblieben. Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern oder eine Rathausuhr zum Laufen zu bringen, reiche in der heutigen Zeit nicht aus. Verrückte Ideen könnten charmant sein, doch man müsse erkennen, wenn sie Luftschlösser bleiben müssen. Beim Scheitern die Politik verantwortlich zu machen, sei flacher Populismus. An Georg Schmitz gerichtet sagte sie unter anderem: „Wir erwarten von Ihnen eine professionelle Führung der Verwaltung. Es reicht nicht aus, jedermanns Liebling sein zu wollen. Die Stadt Geilenkirchen hat ein Recht auf Ihre Arbeit!“ (mh)