Von Manfred Hahn
Geilenkirchen. Keine Chance hatte der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf die Erstellung einer Bedarfsanalyse zur Bauentwicklungsplanung im Geilenkirchener Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung. Wie Rainer Jansen für die Grünen vortrug, sollte es dabei unter anderem um eine große Übersicht über Baulücken oder mögliche Erweiterungsflächen gehen, aber auch um Punkte wie altersgerechtes Wohnen, leerstehende Mietwohnungen oder Nachfrage nach Wohnraum.
Für die SPD äußerte sich zunächst Gabi Kals-Deußen skeptisch zu diesem Antrag. Eine Analyse der Wohnsituation sei vielleicht gut, es stelle sich aber die Frage, ob die Verwaltung, das Bauamt also, diese Arbeit leisten könne. Das sah auch Hans Josef Paulus für die CDU so, doch er ging noch einen Schritt weiter. Der Rat, so Paulus, habe gerade erst die Gründung einer Grundstücksentwicklungsgesellschaft beschlossen, der Antrag der Grünen sei der „erneute Versuch, demokratisch zustande gekommene Beschlüsse zu kippen“. Auch die Freie Bürgerliste, für die ihr Vorsitzender Helmut Gerads sprach, lehnte den Antrag ab, da eine solche Bedarfsanalyse immens viel Arbeitskraft in der Verwaltung binden würde. Auch die FDP lehnte ab, weil, so ihr Sprecher Markus Melchers, hier Forderungen aufgestellt würden, die die Verwaltung nicht erfüllen könne. „Wir brauchen keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Verwaltung, die hat genug zu tun“, ergänzte Tosca Frohn die FDP-Feststellung.
Nachdem auch Bürgermeister Thomas Fiedler darauf hingewiesen hatte, dass man den Wohnungsmarkt nicht unterschätzen dürfe, der schließlich immer in Bewegung sei und dessen Analyse entsprechend viel Aufmerksamkeit und Arbeit erfordere, setzte Karl-Peter Conrads (CDU) noch einen drauf: Wenn der Grünen-Antrag zum Beispiel die Ermittlung von Einfamilienhäusern, die von nicht mehr als zwei Senioren bewohnt werden, verlange, erinnere ihn das an düstere Zukunftsvisionen wie Huxleys „Schöne neue Welt“ oder Orwells „1984“. Der Antrag der Grünen wurde bei nur drei Ja-Stimmen abgelehnt.
War bei dieser Diskussion schon eine gewisse Aggressivität im Ausschuss zu spüren, so nahm diese noch zu, als es um den Verwaltungsvorschlag zur Auflösung des so genannten „Lenkungskreises“ ging, der seit 2009 nicht mehr getagt hat. Für diese Auflösung waren alle Fraktionen, für Zündstoff sorgte aber die Feststellung in der Antragsdarstellung, dass der Bürgermeister sich bereits mit vier „Experten“ zusammengesetzt habe, um eine neue Strategie für das Stadtmarketing zu entwickeln. Vielleicht war es nur eine unglückliche Formulierung in der Verwaltungsvorlage, die Sprecher der Fraktionen reagierten jedenfalls verwundert und auch verärgert auf diese Mitteilung. Der Sprecher der Bürgerliste, Helmut Gerads, bezeichnete als „nicht in Ordnung, um nicht zu sagen als Frechheit“, dass ein solches Expertengremium schon einberufen sei.
Das wiederum brachte Bürgermeister Thomas Fiedler auf die Palme. Er lasse es sich nicht vorschreiben, wann und mit wem er wichtige Themen bespreche. Er habe sich lediglich mit Menschen getroffen, die beruflich mit dem Thema Marketing zu tun haben, nachdem sich gezeigt habe, dass der „Aktionskreis“ (die Vereinigung für Handel und Gewerbe) nicht willens oder in der Lage sei, Stadtmarketing zu betreiben. Es gehe ihm darum, den politischen Gremien in naher Zukunft eine fundierte Vorlage zu liefern, über die die Fraktionen dann entscheiden könnten.
Es dauerte eine Weile, bis sich nach diesem Missverständnis die Wogen der Empörung glätteten, und das Ergebnis hatte auch eine durchaus heitere Seite: Schließlich wurde der Bürgermeister nämlich „beauftragt nachzudenken“. Im Klartext hieß das, dass der Stadtentwicklungsausschuss bei nur einer Gegenstimme dem Vorschlag von Markus Melchers (FDP) folgte und die Verwaltung beauftragte, „Vorschläge zur Gründung einer neuen Institution“ zu erarbeiten. Zuvor hatte sich der Ausschuss einstimmig für die Auflösung des alten „Lenkungskreises“ ausgesprochen.