Geilenkirchen. Am Mittwoch, den 22. Februar, war die ukrainische Generalkonsulin Iryna Shum zu Besuch im Geilenkirchener Rathaus. Ebenfalls anwesend waren die Vorstandsmitglieder der Europa–Union Geilenkirchen, Christa Abels, Marita Pelzer und Prof. Dr. Gerd Wassenberg. Bürgermeisterin Ritzerfeld wurde von der Integrationsbeauftragten der Stadt Geilenkirchen, Yvonne Wolf, begleitet. Sie begrüßte die Gäste und freute sich auf den persönlichen Austausch zum Thema Ukraine. „Der Ukraine–Krieg ist in Geilenkirchen seit dem 24. Februar 2022 allgegenwärtig. Zu Beginn des Krieges hat es direkt eine große Demonstration mit fast 800 Menschen gegeben, die den Stopp des russischen Angriffskrieges forderten und auch die Hilfsbereitschaft gegenüber den Geflüchteten ist hier in Geilenkirchen enorm“, so Ritzerfeld.
Dennoch stellt der große Flüchtlingsstrom die Stadt Geilenkirchen, wie viele andere Kommunen, vor Herausforderungen. Auf kommunaler Ebene gibt es insbesondere viele finanziellen Unsicherheiten. Die Kommunen verschulden sich und führen im Rahmen von sogenannten „ukrainebedingten Isolierungen“ Schattenhaushalte, so die Bürgermeisterin. Sie wünsche sich an dieser Stelle mehr Hilfen von Land und Bund. Daneben gibt es häufig nicht genug Kapazitäten, um Neuankömmlinge unterzubringen. „Geilenkirchen hat Glück. Durch die Stationierung der Nato in Geilenkirchen, die von hier aus Teile der Luftraumüberwachung in der Ukraine übernimmt, gibt es in einer ehemaligen Fliegerhorst–Siedlung Teveren viele kleine Wohneinheiten.“ Insgesamt 39 davon mietet die Stadt Geilenkirchen aktuell vom Eigentümer, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, an. Zudem gibt es viele private Helfer, die private Unterkünfte sogar explizit ukrainischen Familien zur Verfügung stellen.
„Zwischenzeitlich habe man ca. 500 Geflüchtete beherbergt, inzwischen seien es stetig rund 300 Ukrainerinnen und Ukrainer,“ so Integrationsbeauftragte Wolf. „Das sind immerhin ein Prozent der hiesigen Bevölkerung. Die Auswirkungen sind somit nicht zu unterschätzen.“, ergänzte Prof. Dr. Wassenberg. „Die Fluktuation der hier ankommenden Menschen ist sehr hoch. Das sei insbesondere auf die Reisefreiheit für die Ukrainerinnen und Ukrainer zurückzuführen, welche zwar die Familienzusammenführungen vereinfache, jedoch die Gefahr einer 2–Klassen–Gesellschaft unter Geflüchteten mit sich bringe,“ meinte Wolf.
Ein weiteres wichtiges Thema sei die schulische Ausbildung. Ukrainische Kinder werden aufgrund der Schulpflicht in deutschen Schulen angemeldet und verpassen dadurch den ukrainischen Unterricht, der größtenteils online weiter angeboten wird. Auch Generalkonsulin Shum sehe die Schulbildung der Kinder als wesentliches Problem: „Viele der Menschen wollen später wieder zurück in ihre Heimat. Um dort später nicht ohne einen Abschluss dazustehen, besuchen die Kinder nicht nur die deutsche Schule, sondern lernen anschließend mit dem ukrainischen Unterrichtsmaterial zuhause weiter.“ Diese Doppelbelastung der Menschen sei bemerkenswert und zeige wie stark die Demokratie auch in der Gesellschaft verwurzelt sei. „Jeder wisse, was er nun für sein Land tun müsse. Waren es früher gerade einmal knapp 30.000 Menschen mit einem ukrainischen Pass in Nordrhein–Westfalen, sind es nun rund 230.000 Menschen. Insbesondere durch die Übersetzung von Pässen aus der kyrillischen Schrift und Bestätigungen über die Echtheit der Identität der Personen sei das Konsulat gefordert gewesen. Bis September mussten unsere Mitarbeitenden daher fast durchgängig arbeiten und hatten nur einen halben Tag pro Woche frei. Inzwischen habe sich die Lage jedoch entspannt und man konnte zur Fünf–Tage Woche zurückkehren. Dies liege auch daran, dass die durch einen Hacker–Angriff ausgefallenen Systeme nun wieder instandgesetzt werden konnten,“ erklärte die Generalkonsulin.
Zum Abschluss des Gesprächs lud Bürgermeisterin Ritzerfeld die Generalkonsulin ein, sich im goldenen Buch der Stadt zu verewigen. Diese Einladung nahm sie gerne an und bedankte sich darin insbesondere für die Aufnahme ihrer Schutzsuchenden. Sie beendete den Eintrag mit „Toll, dass wir gemeinsam ein blau–gelbes Team sind!“. Die farbliche Übereinstimmung war den Beteiligten bereits zu Beginn des Treffens aufgefallen. Im Anschluss wurde die Generalkonsulin noch im bischöflichen Gymnasium St. Ursula, in der Anita–Lichtenstein–Gesamtschule und in der Burg Wassenberg empfangen. Am Abend hielt sie einen Vortrag zum Thema „Ukraine: Ein Jahr des flächendeckenden Krieges in Europa“. Aufgrund des Jahrestages des Ukraine–Kriegs wurde vor dem Rathaus nicht nur
die Geilenkirchener– sondern auch die Ukraine–Flagge gehisst.