Von Manfred Hahn
Geilenkirchen. Vielleicht ist Petrus ein heimlicher Grüner, zumindest aber hat er die Grünen aus dem Kreis Heinsberg und aus Geilenkirchen ins Herz geschlossen, denn beim sechsten grünen Umwelttag, der Messe für Umwelt und Gesundheit auf dem Gelände des Sportparks Loherhof, machte bis kurz vor Schluss das Sommerwetter mit. Zwar spielte sich der Hauptteil des Messeprogramms in der Halle ab, aber schönes Wetter macht heitere Gesichter, und die sah man beim Rundgang durch die Ausstellung. Und bei rund 70 Ausstellern in der Halle und einigen davor im Sonnenschein lohnte sich das Hingucken allein schon wegen der Bandbreite des Angebots. Thematischer Scherpunkt sollte in diesem Jahr der naturnahe Gartenbau sein, doch es gab auch viel aus den Bereichen Bauen und Wohnen, Kosmetik, Gesundheit und Altenbetreuung und selbst Modeschauen zu sehen. Und natürlich Mobilität – vertreten durch Elektrofahrzeuge, die auch getestet werden konnten.
Die Veranstaltung am Sonntag hatte auch in weltlicher Hinsicht mit Cem Özdemir, dem Bundesvorsitzenden der Grünen, einen prominenten Schirmherrn, und dieser besuchte am Mittag und Nachmittag die Messe. Begleitet wurde er unter anderem von den Landtagsabgeordneten Reiner Priggen aus Aachen und Dr. Ruth Seidl aus dem nördlichen Kreis Heinsberg. Bevor Özdemir innerhalb des Vortragsprogramms der Messe eine Rede hielt, stand er der Presse Rede und Antwort. Natürlich war dabei auch der Rauswurf von Umweltminister Röttgen durch die Kanzlerin ein Thema. Wenn es bei diesem Rauswurf darum gegangen wäre, die schleppende oder mangelhafte Betreibung der Energiewende zu ahnden, dann hätte Angela Merkel vor allem Bundeswirtschaftsminister Phillipp Rösler mit hinauswerfen müssen, meinte Özdemir. Denn gerade der Wirtschaftsminister blockiere die Bemühungen um eine Energiewende und fortschrittliche Umweltpolitik.
Während auf Landesebene – gerade auch in Nordrhein-Westfalen – die Energiewende durchaus positiv und zielstrebig angegangen werde, sei es die Bundesregierung in Berlin, die bremse. Zu sehr sei die Berliner Regierungspolitik noch im Fahrwasser der Lobby der großen Energieversorgungsunternehmen. Die Kanzlerin setze zu sehr ausschließlich auf die Windenergie, auf große Offshore-Parks, und vernachlässige andere alternative Energiequellen. „An der Spitze fehlt der politische Wille zur Umsetzung der Energiewende“, sagte Özdemir. Aber nicht nur die Regierungskoalition, sondern auch die Bundes-SPD sei aus Sicht der Grünen nicht immer auf dem richtigen Weg, wie eine oft zu positive Einstellung zu Kohle- oder Gaskraftwerken beweise.
Positiv dagegen sei die Haltung in den meisten Bundesländern und in den Kommunen. Und auch bei den regionalen Wirtschaftsunternehmen gebe es große Bereitschaft, den Weg zu alternativen Energiequellen mitzugehen, sagte der Grünen-Vorsitzende. Und das sei auch in wirtschaftlicher Hinsicht gut so, denn für jeden investierten Euro aus öffentlichen Mitteln könne man mit sieben bis acht zusätzlichen Euros im privaten und privatwirtschaftlichen Bereich rechnen. Private Investoren stünden in den Startlöchern, notwendige Investitionen zu tätigen, sie müssten allerdings Klarheit darüber gewinnen, dass die Politik diesen Weg mitgehe.
Landtagsabgeordneter Reiner Priggen ging auch auf die Frage nach der Zukunft der Atomhinterlassenschaften im Forschungszentrum Jülich ein. Die Anlage der Kernforschungsanlage werde mit Sicherheit noch 30 Jahre und mehr strahlen, und zumindest für diese Zeit sollte man die Brennelemente dauerhaft in Jülich lagern, statt sie quer durch das Land zu transportieren. Diese Einstellung, so ergänzte Cem Özdemir, zeige auch, dass es bei den Grünen nicht das Floriansprinzip – also das eigene Land (in diesem Fall NRW) zu schonen – gebe.
Von der Bereitschaft der regionalen Handwerks- und Wirtschaftsbetriebe, bei der Energiewende mitzumachen, konnten sich Özdemir und seine Begleiter beim Messerundgang ein Bild machen. Besonders großes Interesse zeigte der prominente Gast an umweltfreundlichen Handwerksbetrieben vor allem auf dem Bausektor, und auch in Sachen Mobilität erwies er sich wie sein Parteifreund Reiner Priggen als standfest: nämlich auf dem zweirädrigen Elektroroller, dem „Segway“. Erfahren konnten die Besucher bei diesem Rundgang auch, dass der Gastgeber für den grünen Umwelttag, der Sportpark Loherhof, ein Vorbild in Sachen Energiewende ist. Das Unternehmen bestreitet rund 90 Prozent seines Energiebedarfs aus eigener, alternativer Versorgung unter anderem mit einer eigenen Windkraftanlage.
Ein besonders nettes Ereignis am Rande der Messe gab es übrigens für einen der Organisatoren. Der Geilenkirchener Grünen-Sprecher Jürgen Benden konnte das „jüngste“ also das zuletzt neu gewonnene Mitglied des Grünen-Stadtverbandes Geilenkirchen – eine Dame – dem Bundesvorsitzenden vorstellen. Wenn das kein guter Start für eine Parteikarriere ist!