Geilenkirchen. Wie können die Außenorte besser an die Innenstadt angebunden werden? Wo sind Geilenkirchens Problemstellen im Verkehr? Wie kann Stau in der Innenstadt vermieden werden?
Diese Fragen soll ein Mobilitätskonzept für ganz Geilenkirchen beantworten. Ziel ist es, sich nachhaltig und möglichst klimaneutral zu bewegen. Das bedeutet, den Autoverkehr im besten Fall zu verringern und in keinem Fall zu erweitern. Autos sind auch nach Jahrzehnten noch der Mittelpunkt der Verkehrs- und Stadtplanung. Lärm, Luftverschmutzung, knappe Ressourcen, hoher Flächenverbrauch und insbesondere der Klimawandel sind die Folge. Es gibt also großen Nachholbedarf.
Das Thema Mobilität gewinnt immer mehr an Bedeutung. Insbesondere, da die öffentlichen Belange von Bürgerinnen und Bürgern eine tragende Rolle spielen. Das hat auch die Stadt Geilenkirchen erkannt und bereits Ende 2022 René von den Driesch zum Mobilitätsmanager ernannt. Dafür nahm er an einem mehrwöchigen Lehrgang von Zukunftsnetz Mobilität NRW, einer Initiative des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, teil und schloss mit erfolgreicher Abschlussarbeit ab. Dort wird jährlich nur eine begrenzte Anzahl an Bewerbern zugelassen. Nun profitiert die Stadt nicht nur von der Expertise des Mobilitätsmanagers, sondern auch unmittelbar von Angeboten der Initiative Zukunftsnetz Mobilität NRW.
Das Zukunftsnetz Mobilität möchte eine nachhaltige und vernetzte Mobilitätswende herbeiführen und mehr Mobilität für Menschen statt autozentrierter Verkehrsplanung schaffen. Damit das funktioniert, muss sich die Mobilität nach den Bedürfnissen der Menschen richten. „Hauptfeld meiner Tätigkeit ist das Mobilitätsmanagement, welches darauf abzielt mehr Mobilität bei weniger Verkehr zu ermöglichen. Deswegen beschäftige ich mich mit den individuellen Faktoren des Mobilitätsverhaltens.“, betont auch René von den Driesch. Dazu zählen beispielsweise die Wahl des Verkehrsmittels sowie die Ursachen des Verkehrs, wie die räumliche Verteilung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit. Mittelpunkt ist also nicht das „ob“ und „wie oft“ wir uns fortbewegen, sondern „auf welche Art und Weise“.
Zunächst muss daher der Ist-Zustand ermittelt werden, d. h. fahren Geilenkirchens Bürgerinnen und Bürger mit dem Auto zum Einkaufen oder gehen sie lieber zu Fuß? Benutzen sie den öffentlichen Nahverkehr auf dem Weg zur Arbeit oder fahren sie bevorzugt mit dem Fahrrad? Doch genau diese grundlegenden Informationen, welche Personengruppen täglich welches Verkehrsmittel aus welchem Grund benutzen, liegen der Stadt derzeit nicht vor. Daher wird im ersten Schritt zur Erstellung des Mobilitätskonzeptes eine Haushaltsbefragung zum Mobilitätsverhalten durchgeführt. Rund 4.000 zufällig ausgewählte Haushalte erhalten in den nächsten Wochen Fragebögen und können wahlweise postalisch, online oder telefonisch teilnehmen. Die Befragung ist selbstverständlich freiwillig und anonym.
„Wir erhoffen uns eine hohe Teilnahmebereitschaft, denn: Je mehr Haushalte an der Befragung teilnehmen, desto aussagekräftiger und repräsentativer werden die Ergebnisse.“, so René von den Driesch. Durchgeführt und ausgewertet wird die Befragung von der Planungsgesellschaft büro stadtVerkehr aus Hilden. Nach Auswertung der zurückgesendeten Fragebögen werden voraussichtlich Ende des Jahres 2023 erste Ergebnisse vorliegen.
„Dann fängt die eigentliche Arbeit erst an, denn wir gehen komplett ergebnisoffen an die Umsetzungsmöglichkeiten heran.“, so Michael Jansen, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung, Bauverwaltung und Umwelt. Im nächsten Schritt wird das Planungsbüro büro stadtVerkehr verschiedene Vorschläge unterbreiten, die der Mobilitätsmanager dann auf ihre Umsetzbarkeit prüft. „Mit diesen Vorschlägen erreichen wir hoffentlich das Ziel den Individualverkehr zu verringern“, so Michael Jansen. Anschließend entscheidet dann die Politik. Mit ersten Beratungen kann voraussichtlich Anfang 2025 gerechnet werden.
Mit einem ganzheitlichen Mobilitätskonzept erhofft sich Bürgermeisterin Ritzerfeld die drängendsten verkehrlichen Probleme in Geilenkirchen lösen zu können: „Wir wollen Lösungen für Themen wie: Wollen wir eine autofreie Innenstadt oder muss die Verkehrsführung durch die Innenstadt geändert werden? Soll Anwohnerparken grundsätzlich ermöglicht werden? Wie kanalisiert man den Schülerbringverkehr? Können Konflikte zwischen Auto- und Fahrradfahrern entschärft werden? Wie viele Parkflächen wollen wir in der Innenstadt haben usw. usw.“.
Dabei spielen mehr Themen eine Rolle, als man zunächst vermuten mag. Ein wichtiger Faktor ist der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Hier werden seitens der Stadtverwaltung bereits Gespräche mit der WestVerkehr GmbH geführt. Daneben sind u. a. die Sichtbarkeit von Mobilitätsangeboten, Barrierefreiheit, Modernisierung und der Ausbau von E-Bike-Verleihstationen Themen. Mobilitätsmanager René von den Driesch ist überzeugt: „Die Bereitschaft junger Menschen, andere Verkehrsmittel als das Auto zu nutzen, steigt. Das zeigt insbesondere die Auslastung der in diesem Jahr aufgestellten Fahrradboxen an den Bahnhöfen Geilenkirchen und Lindern. Die insgesamt 30 Boxen sind regelmäßig zu 90% ausgelastet.“.
Das weitere Vorgehen hängt nun von den Ergebnissen der Haushaltsbefragung, den Vorschlägen des Planungsbürosbüro stadtVerkehr bzw. den politischen Impulsen und der Umsetzbarkeit dieser ab.