Geilenkirchen. Inzwischen ist ein Jahr seit der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vergangen. Auch Geilenkirchen wurde Opfer von starken und langandauernden Regenfällen, Teile der Innenstadt wurden überflutet, in einigen Bereichen gab es mehrere Tage lang keinen Strom, zwei Menschen ließen in den Wassermassen ihr Leben. Glücklicherweise sind solche Extremereignisse selten, die Fachleute sprechen beim letztjährigen Hochwasser von einem „HQextrem-Ereignis“, eine Situation, die statistisch nur seltener als alle 100 Jahre eintritt. Die Erfahrungen der letzten Jahre und die Entwicklungen des Klimawandels lassen jedoch erwarten, dass solche Extremwettereignisse sich verdichten und öfter eintreten werden. Hierzu zählen sicher nicht nur Hochwasserereignisse, sondern auch Starkregenfälle oder Dürreperioden. Für solche Ereignisse ist es unabdingbar, dass vorbeugende Maßnahmen und die akute Gefahrenabwehr Hand in Hand gehen müssen, um Schäden vorzubeugen und abzuwehren.
Vorbeugende Maßnahmen
In Bezug auf den Hochwasserschutz waren Verwaltung und Politik in den letzten Monaten tätig, um vorbeugende Maßnahmen in Abstimmung mit dem Wasserverband Eifel-Rur, der Bezirksregierung und dem Land NRW auszuarbeiten. Hochwasserschutzkarten werden aktualisiert, (städte-)bauliche Veränderungen wurden in die Wege geleitet, damit Ausmaße wie die im letzten Jahr bereits im Vorfeld eingeschränkt werden können. Viele Gespräche zwischen diversen Fachämtern der Verwaltung und der Feuerwehr haben stattgefunden, um den Umgang mit solchen Situationen zu verbessern.
Besser gerüstet bei Extremwetter
Auch im Bereich der Gefahrenabwehr war die Stadt Geilenkirchen in den letzten zwölf Monaten nicht untätig und stellt sich derzeit in Bezug auf außergewöhnliche Lagen neu auf. Bereits in den letzten Jahren, also vor dem Hochwasser, wurden erste Maßnahmen und Beschaffungen zur Abwehr von Schäden bei Extremereignissen, wie Naturkatastrophen, Stromausfällen etc. initiiert. So konnten bei der Hochwasserlage im letzten Jahr die neugestalteten Räumlichkeiten zur Führung und Kommunikation im Feuerwehrgerätehaus Geilenkirchen genutzt werden. Von hier wurde die städtische Lage der Feuerwehr geführt und der sogenannte „Stab für außergewöhnliche Ereignissen (SAE)“ mit Vertretern der Verwaltung, der Feuerwehr, sowie der Bürgermeisterin konnte zusammenkommen und notwendige Maßnahmen beraten. Mit den Erfahrungen der Hochwasserlage wurden die Räumlichkeiten technisch weiter an den Bedarf angepasst, zudem wird die Führungsstruktur der kommunalen Feuerwehr bei solchen Ereignissen derzeit konzeptionell überarbeitet. „Auf Kreisebene gibt es einen Stab der Einsatzleitung. Wir wollen künftig auch auf städtischer Ebene in der Lage sein, Einsätze im kommunalen Stab Einsatzleitung der Feuerwehr zu führen und so den Stab für außergewöhnliche Ereignisse der Verwaltung im Sinne des modernen Krisenmanagements zu spiegeln. Die Führung durch einen Einsatzleiter ohne umfassende Führungsunterstützung ist in der Hochwasserlage im letzten Jahr an ihre Grenzen gekommen“, sagt Frank Büßelberg, Leiter der Feuerwehr Geilenkirchen.
Zudem wurde – nicht nur für solche Extremwetterlagen – ein Notstromkonzept für die Funktionsräume erstellt. Als schützenswerte kritische Infrastruktur muss sich die Feuerwehr auch auf Ereignisse wie einen ggf. länger anhaltenden, flächendeckenden Stromausfall vorbereiten. Zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit wurde daher ein Notstromanhänger mit einer Leistung von 60 kVA beschafft. Der portable Stromerzeuger kann jedoch nicht nur zur Stromeinspeisung des Feuerwehrgerätehauses, sondern auch zur akuten, unplanbaren Versorgung von anderen kritischen Infrastrukturen mit Strom eingesetzt werden. Des Weiteren verfügt der Anhänger über einen leistungsstarken Lichtmast mit 8 Metern Höhe und 140.000 Lumen Lichtleistung, sodass das Fahrzeug auch zum Ausleuchten genutzt werden kann. (siehe Bild1 Notstromanhänger)
Stromversorgung sichern
Im Rahmen des Notstromkonzeptes machte sich die Leitung der Feuerwehr gemeinsam mit der Verwaltung weitere Gedanken zum Schutz der Geilenkirchener Bevölkerung. „Nicht nur die Vorbereitung auf künftige Extremwetterlagen, sondern auch die Vorplanung von Stromausfällen beschäftigt die Feuerwehr Geilenkirchen“, sagt Ralph Dechêne, stellvertretender Leiter der Feuerwehr Geilenkirchen. „Im Falle eines länger andauernden Stromausfalls fallen nach und nach die Möglichkeiten der Selbsthilfe in der Bevölkerung aus, strombetriebene Geräte können nicht geladen werden, Telefon- und Mobilfunknetze brechen zusammen, die Warnung der Bevölkerung wird nicht auf gewohnte Art und Weise möglich sein.“, so Dechêne. Aus diesem Grund werden für jedes der neun Feuerwehrgerätehäuser Notstromkompenenten beschafft, die zur Errichtung einer Anlaufstelle und zur Stromversorgung der Feuerwehrgerätehäuser im Rahmen des sogenannten Leuchtturmkonzeptes eingesetzt werden können. Hierzu wurden in den letzten Monaten Rollwagen beschafft und durch den neugegründeten Fachdienst Logistik ausgebaut. Die Rollwagen beinhalten die Komponenten zur Strom- und Lichterzeugung und wurden auf Grundlage verschiedener Fachempfehlungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, sowie Erfahrungen benachbarter Feuerwehren ausgestattet. „Im Falle eines Stromausfalles kann somit auch in den Ortschaften außerhalb der Innenstadt eine Anlaufstelle geschaffen werden, an der die Bevölkerung sich bei Notfällen und Hilfeersuchen wenden kann. Die Bürger haben somit eine Möglichkeit auch beim vollkommenen Versagen der Infrastruktur Notfälle an den sogenannten „Leuchttürmen“ zu melden.“, sagt Ralph Dechêne zur Notwendigkeit der Beschaffung. (siehe Bild 2 + 3 Rollwagen) Jeder der Rollwagen ist mit einem Stromerzeuger, sowie diversem Beleuchtungsmaterial beladen, das für den Notbetrieb einer Notrufmeldestelle und für die rudimentäre Aufrechterhaltung der Funktionalität der einzelnen Feuerwehrgerätehäuser und somit zur Aufrechterhaltung der jederzeitigen Einsatzbereitschaft der städtischen Feuerwehr erforderlich ist.
Eine weitere Maßnahme des Bevölkerungsschutzes der Stadt Geilenkirchen wird in der nächsten Zeit abschließend umgesetzt. Zwar besteht im Stadtgebiet Geilenkirchens eine hohe Dichte an Sirenen zur Warnung der Bevölkerung, jedoch ist eine akustische Abdeckung des gesamten Gebietes derzeit noch nicht in der angestrebten Lautstärke möglich. Weiterhin besteht über die Sirenen keine Möglichkeit, über Sprachdurchsagen konkrete Handlungsanweisungen zu geben. Grundsätzlich sollen Sirenen zunächst auch nur Aufmerksamkeit erzeugen, damit z.B. über Rundfunk oder WarnApps informiert werden kann. Ergänzend zu den Sirenen werden aktuell mobile Warnsysteme angeschafft, um Warnfahrzeuge zur akustischen Warnung und Information der Bevölkerung mittels Sprachdurchsagen auszustatten. Gepaart mit den weiteren Möglichkeiten, wie Rundfunkwarnungen oder Warnungen über Warnapps an Smartphones ist hiermit eine flächendeckende und gezielte Bevölkerungswarnung möglich. (Ist hier ggf. eine Infobox zur WarnApp Nina möglich? Gerne stehen wir für Informationen zur Verfügung)
Auch wenn natürlich nicht nur in der Verwaltung und bei der Feuerwehr jeder hofft, dass der Einsatz der Neuanschaffungen nicht notwendig wird, wurde durch die technische und konzeptionelle Neuaufstellung ein deutliches Signal in Richtung Vorbereitung auf Extremereignisse für die Einwohner und Einwohnerinnen der Stadt Geilenkirchen gesetzt.