Bürgermeister Fiedler 2. Teil – Ein Jahr im Amt

Geilenkirchen. Den ersten Teil unseres Gesprächs mit Bürgermeister Thomas Fiedler, der heute, 21. Oktober, genau ein Jahr im Amt ist, veröffentlichten wir am Montag. In diesem Teil des Interview mit www.geilenkirchen-lokal.de äußert sich der erste Bürger der Stadt zu Bauprojekten, der weiteren Planung seiner Amtszeit und den politischen Verhältnissen im Rat.

Was erwartet die Bürger noch in diesem Herbst?

Thomas Fiedler: Der 2. Bauabschnitt ist definiert und befindet sich in der Ausführungsplanung. Das, was an Bürgerbeteiligung gefordert wurde,  wurde an diesem Beispiel vollendet umgesetzt. Der Bürger ist gehört worden, man wollte den Boulevardcharakter. Ob es eine Asphaltierung oder Pflasterung gibt, ist egal. Es wird keinen eigener Radweg geben,  sondern eine Verkehrsberuhigung mit Parkplätzen. Das kam ganz entscheidend aus der Bürgerschaft. Deshalb freue ich mich über den demokratischen Prozess. Ich möchte hier auch erwähnen, dass das gleiche Verfahren bei der Bahnunterführung Hünshoven gelaufen ist. Wir sind  da aber noch in einer frühen Phase, können aber schon jetzt zeigen, wie das aussehen könnte. Alles wird vorgestellt, diskutiert, und der Bürger umfänglich informiert.

Sie sind angetreten für eine bessere, bürgernahe Verwaltung. Was ist bisher geschehen?

Thomas Fiedler: So, wie wir es in Würm und Teveren machen und können, werden wir in Zukunft, trotz verschärfter Haushaltsbedingungen, weitere Dinge planen. Vorausblickend tun wir das. Zum Beispiel für Parkplätze. 300 Parkplätze sind beispielsweise auf dem Dach des neuen Einkaufszentrums geplant. Oder beim Thema Haihover Straße: Da soll es einen großen, akzeptablen und hellen Fußgängerweg geben, der es möglich macht, in die Gerbergasse zu kommen.

Noch einmal zum Thema Kaufland. Was bringt diese Ansiedlung der Stadt?

Tomas Fiedler: Kaufland hat eine Idee, 4000 Konsumenten mehr in die Stadt zu holen. Dies tut nicht nur Kaufland, sondern auch den anderen Geschäften gut. Die Stimmen sind sehr zwiespältig: Manche glauben, dass es eine Verdrängung geben könnte, aber auch, dass es unter Umständen gut sein könnte, weil die beiden Ketten sehr unterschiedlich im Sortiment sind. Ich glaube nicht, dass durch die Ansiedlung von Kaufland dem Rewe-Markt Schaden zugefügt wird. Den anderen Geschäften in der Stadt wird das neue Einkaufszentrum sicherlich einen neuen Schub geben.

Den Prozess der Planung Haihover Straße mit Zugang Gerbergasse und das Parkraummanagement nimmt die Stadt zeitnah in die Hand. Im Moment stockt das Projekt, weil Rewe noch zögert, Parkraum öffentlich zur Verfügung zu stellen.

Sind Sie mit der Arbeit des Planungsbüros Castro zufrieden?

Thomas Fiedler: Wir sind froh, einen solch renommierten Stadtplaner zu haben. Er hat sich mit unseren gemeinsamen Gedanken nicht durchsetzen können, aber der Entscheidungsprozess war so gefordert. Wir wollen eine starke Bürgerbeteiligung haben. Aber wir werden mit demselben Planer das interaktive Handlungskonzept 2006 fortsetzen: Entwurfsplanung 3. Bauabschnitt St. Ursula, 4. Bauabschnitt Haihover Straße und  Bahnhofsvorplatz.

In welchem Zeitraum?

Thomas Fiedler: Wir können langsam in die Zukunft gehen und die Zukunftsprojekte bis 2014 anpacken.

Mit der Abstimmung über die Gestaltung des 2. Bauabschnittes zerbrach das Bündnis, und Sie haben keine Ratsmehrheit mehr. Wie werden Sie damit umgehen?

Thomas Fiedler: Wir müssen die politischen Karten neu mischen. Ich werde jetzt an die Politik mit einer großen Liste herantreten, und man wird sehen, was machbar ist.

Wie gehen sie mit den Mehrheiten um?

Thomas Fiedler: Es haben schon Gespräche mit der Fraktionsspitze der CDU stattgefunden. Weitere müssen mit der CDU-Fraktion folgen. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Wir haben 25 Projekte. Das sind nicht Dinge, aus meinem Wahlprogramm. Das sind Dinge, die sich aus der politischen Agenda der Stadt ergeben. Dinge, die man nicht wegschieben kann. Es liegt der CDU daran, mit anderen Fraktionen zu sprechen. Sie hat natürlich aus der Arithmetik des Rates heraus gewisse Vorgaben, die sie berücksichtigen muss. Die FDP ist aus dem Bündnis raus.

CDU und FDP hätten  zusammen nur eine Mehrheit von einer Stimme. Wie beurteilen Sie das?

Thomas Fiedler: Die Parteien haben ein Jahr lang Kompromisse finden müssen, „Kröten geschluckt“. Dass die jetzt erstmal sagen, lass uns sehen, was passiert und mal  befreit Politik machen, ist verständlich. Sie sind nicht so stark auf Koalitionen aus, wie es vielleicht erscheinen mag.

Das ganze wird etwas gedämpft, denn die Frage, wie wuppen wir den Haushalt, steht im Vordergrund. Die Kommunalaufsicht tritt in die Vordergrund, mischt sich sofort ein, wenn wir gegen Auflagen verstoßen. Künftig wird nicht diskutiert werden, was wir gestalten können, sondern wo wir sparen können. Wir werden unseren Haushaltsplan im 1. Quartal 2011 einreichen. So wie es aussieht, kriegen wir den nicht so hin, dass er genehmigt werden könnte. Soviel kann man nicht sparen, um das Haushaltssicherungskonzept  so hinzukriegen, damit wir 2014 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen und die  Kommunalaufsicht damit zufrieden ist. Wir versuchen jetzt erst mal herauszufinden beim Kreis und beim Regierungspräsidenten: Wo sind die Vorgaben, wo sollen wir sparen. Um es salopp auszudrücken: Wir brauchen jetzt eine Art Schuldnerberatung. Wir müssen zwingend sehen, wo eingespart werden muss und kann. Und das werde ich weitermachen, sehen, woher die Mittel kommen zum Beispiel.

Dann geht es zurück zur Politik. Es wird schwierige Verhandlungen geben. Zum Beispiel mit der Bürgerliste, wenn es um die Turnhalle Gillrath geht. Die werden den Aufstand proben.

Die CDU ist jetzt die stärkste Fraktion und sie muss sich die Frage stellen, wie steuern wir auf einen Haushalt zu, wie erhalten wir Mehrheiten? Sie trägt jetzt eine hohe Verantwortung. Die zweite Möglichkeit ist: Wir suchen uns politische Mehrheiten von Thema zu Thema. Das findet in mehr Kommunen statt, als man denkt. Ich bin einer von 62 parteilosen Bürgermeistern. Das ist nicht immer einfach, aber auch keine Katastrophe. Die Verwaltung muss das Tempo vorgeben. Im Grunde genommen müssen wir eine Agenda haben, und ich halte an meiner fest: bessere Verwaltung, mehr Bürgernähe, mehr Wirtschaftsförderung. Da verschließt sich auch nicht die CDU. Ich habe von Anfang an gesagt, ich bestehe den „Allergietest“ locker, obwohl ich mit der Bürgerliste angetreten bin. Wir haben uns gut behandelt. Ich habe nichts, was hinderlich ist für eine Kooperation.

Blicken Sie positiv auf ein gutes erstes Jahr im Amt zurück?

Thomas Fiedler: Durchaus positiv, wenn auch von Schwierigkeiten begleitet war. Es sind Themen vollendet worden, die mein Vorgänger angestoßen hat.  Ich brauchte ja nur das „rote Band“ durchzuschneiden, was ich gerne mit Herrn Borghorst zusammen getan hätte. Er war an diesem Tag leider verhindert. Was mich freut, ist, dass das Lob für den 1. Bauabschnitt viel stärker ausgefallen ist, als ich jemals erwartet hatte. Ein großes Kompliment. Es gibt keinen Grund für mich, unzufrieden zu sein. Ich bin ein Vertreter, der sagt, Parkplätze sollten nicht zu einer politischen Sichtweise werden, man muss für das Image einer Stadt arbeiten.

Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis. Es sind einige Dinge nicht nach Wunsch gelaufen, aber wir sind auf einem guten Weg. Ich bin für sechs Jahre gewählt, der Rat für fünf Jahre. Ich war früher Langläufer. 20 Kilometer waren meine Distanz. Das muss man sich auch einteilen. Die Herausforderung macht mir jeden Tag Spaß. Es gibt auch Momente, in denen ich keine Vergnügungssteuer zahlen muss. Die Arbeit nimmt Energie, aber ich bekomme auch Energie zurück, und dieses Gefühl ist genau das gleiche geblieben.

Bei vielen Bürgern sind Sie beliebt.

Thomas Fiedler: Da gibt es bestimmt unterschiedliche Meinungen. Aber ich habe auch schon Momente erlebt, das will ich ganz offen sagen, in denen mir entschiedener Widerstand begegnete. Ein Bürgermeister, der Verantwortung für Einsparungen hat, wird mehr Widerstand erleben.  Es ist ein Strukturproblem. Das Tempo, in das wir jetzt hereinkommen, der Abwärtsflug, hat sich verschärft. Das war eine neue Erkenntnis.

Wenn irgendwann wegen mangelnder Gelder in irgendeinem Bereich theoretisch Schließungen anstehen – da können Sie sicher sein -, werden die Leute aufhören, positiv von mir zu reden. Man kann das Richtige tun, man kann das Falsche tun. Das Schlimmste aber ist es, nichts zu tun.

Wir bedanken uns bei Bürgermeister Thomas Fiedler für dieses ausführliche Gespräch. Wir wünschen ihm für die nächsten Jahre ein glückliches Händchen bei seinen Entscheidungen.

Die Redaktion