Geilenkirchen. „Lieber Herr Baeumer, Danke dafür, dass Sie spinnen!“ (Gabriele Kals-Deußen, Für Geilenkirchen) oder „Ganz gut einen rausgehauen!“ (Max Weiler, CDU) – Solche und ähnliche Beifallskundgebungen – wenn auch mit ein wenig Skepsis unterlegt – sind selten im Geilenkirchener Stadtrat. Und diese Reaktionen darf der Direkt-Marketing-Fachwirt Albert Baeumer durchaus auf der Habenseite verbuchen, nachdem er in Rat seine Konzepte für eine Belebung der innerstädtischen Geschäftswelt und für mehr touristische Attraktivität vorgestellt hatte.
Dabei fing es für den Referenten gar nicht so verheißungsvoll an. Baeumer hatte zunächst sein Grobkonzept zur Beseitigung der vielen Geschäftsleerstände (zum Teil in attraktiver Lage) in der Stadt vorgestellt. Er warnte dabei vor Versuchen, die schwindenden Einkaufsmöglichkeiten der Innenstadt mit Supermärkten auf der grünen Wiese auffangen zu wollen. Gerade eine kleinteilige Innenstadt sei günstig für eine Art „GK-Inlet-Center“. Baeumers Paradebeispiel war das erfolgreiche City-Outlet-Center in Bad Münstereifel. Zwar sei ihm bewusst, dass die Eifelstadt andere touristische Voraussetzungen habe und man für Geilenkirchen nicht mit vergleichbaren Käuferströmen rechnen könne, doch wenn man für Geilenkirchen eines Tages 20.000 externe Käufer zähle, sei das ein Erfolg.
Als Sprecher der Fraktion SPD-Linke sagte Christoph Grundmann in der Diskussion, dass dieses Thema noch nicht in den Rat, sondern in den Fachausschuss gehöre, und sein Fraktionskollege Horst-Eberhard Hoffmann zeigte sich „furchtbar enttäuscht“. Dankbar für diese „tolle Vision“ zeigten sich allerdings Barbara Slupik und Peter-Josef Conrads von der CDU. Grünen Sprecher Jürgen Benden wollte zunächst nicht über den Vorschlag sprechen, bei dem nur um Kenntnisname gehe. Jedoch wollte er von Baeumer unter anderem wissen, ob es Fördermöglichkeiten auch für die notwendigen Voruntersuchungen gebe. Baeumer verwies auf die Landesfördermittel für die Wirtschaftsinfrastruktur und Tourismusinfrastruktur NRW. Die Stadt Geilenkirchen sollte gleichfalls an der deutschlandweiten Innenstadtstudie 2016 eines Kölner Instituts teilnehmen, das derzeit noch Analysen für einen Basispreis von 1500 Euro anbiete.
Der Erfolg solcher Marketingstrategien wie der vorgestellten ist nach Auffassung des Referenten auch abhängig von der touristischen Anziehungskraft einer Stadt. Diese, so Albert Baeumer, lasse zurzeit in Geilenkirchen viel zu wünschen übrig, unter anderem weil größere Kulturveranstaltungen oder Publikumsmagnete fehlten. Ein solcher Publikumsmagnet könnte nach Baeumers Meinung ein „Awacs-Museum“ sein, das auf einem Grundstück zwischen Wurmauenpark und Herzog-Wilhelm-Straße, in der Nähe der Feuerwehr, denkbar sei. Eine ausgemusterte Awacs-Maschine (solche Ausmusterungen stünden demnächst an) könnte dort auf Pfeiler gesetzt werden und zum Beispiel Caféräume, eine Restaurant, Kino oder Seminarräume aufnehmen. Auch an einen Flugsimulator ließe sich denken. Ein solcher Anlaufpunkt werde mit Sicherheit Touristen in die Stadt bringen, die dann auch hier shoppen gingen. Zur Finanzierung eines solchen Projektes meinte Albert Baeumer, dass die Stadt sich um das Grundstück kümmern müsse, während für andere Aufgaben ein Förderverein gegründet werden könnte. Bei der Nato könne man mit Entgegenkommen rechnen, da der Verband in einem solchen Museum auch seinen Aufklärungsbedarf erfüllen könne.
Dass ein solcher Plan bei der Nato auf offene Ohren stoßen werde, bestätigte Bürgermeister Georg Schmitz. Dieser hatte bereits mit dem Brigadegeneral, der an der Spitze des Awacs-Verbandes steht, gesprochen und dabei erfahren, dass Demontage und Wiederaufbau eines solchen Flugzeuges die Nato weniger kosten würde als der Kerosinbedarf für den Transport zur Verschrottung in die USA. „Ich bin überzeugt davon, dass ein Anlaufpunkt wie das Awacs-Museum Leute in die Stadt bringt“, sagte Schmitz.
Trotz einer Skepsis hinsichtlich der Machbarkeit und der Kosten, hatte Albert Baeumer mit dem zweiten Teil seines Vortrages eine Vision geboten, die den meisten Ratsmitgliedern gefiel, die für Christoph Grundmann (SPD-Linke) sogar ein „Geniestreich“ war. Hans-Jürgen Benden (Grüne) begrüßte die Verkoppelung von Tourismus und Wirtschaftsförderung, stellte aber auch die Frage nach den Kosten. Die Frage konnte noch nicht beantwortet werden und wird – falls man das Projekt weiterverfolgt – den Rat sicher noch öfter beschäftigen. (mh)
Zumindest mal eine positive Vision, wenn auch NOCH Utopie, statt der ständigen Streitereien im Stadtrat.