Aachen. Am morgigen Donnerstag findet die Ordentliche Mitgliederversammlung des TSV Alemannia Aachen statt. Um 19 Uhr treffen sich die Mitglieder der Schwarz-Gelben im Aachener Eurogress. Im Vorfeld beantwortete Alemannia-Präsident Dr. Alfred Nachtsheim einige Fragen über die anstehenden Themen.
Herr Präsident, die Mitgliederversammlung steht kurz bevor. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Veranstaltung am Donnerstag?
Es liegen Themen auf dem Tisch, die wir zu besprechen haben. Die Diskussionen im Vorfeld der Versammlung zeigen, dass es verschiedene Ansichten zu einzelnen Tagesordnungspunkten gibt. Diese Ansichten werden wir austauschen und dann darüber abstimmen. Ich rufe alle Mitglieder dazu auf, in den Eurogress zu kommen und sich an der Debatte beteiligen. Wir entscheiden am Donnerstag über die Zukunft unseres Vereins. Es liegt ein Vorschlag zur Satzungsänderung auf dem Tisch, den das Präsidium nicht uneingeschränkt befürwortet.
Korrekt. Teil des Vorschlages ist es, die Filterfunktion der Gremien bei Kandidaten-Vorschlägen abzuschaffen. Diese Änderung unterstützen wir nicht – im Gegenteil, wir sehen ein solches Modell sehr kritisch.
Den Mitgliedern geht es um mehr Mitsprache. Das Präsidium nimmt diesen Wunsch sehr ernst. Und wir sperren uns auch gar nicht gegen eine Diskussion, wie diese Mitsprache in einem modernen Verein aussehen kann – und wie man das möglicherweise in der Satzung verankert. Wir erleben dieses Phänomen doch in vielen Traditionsvereinen: Mitgliederbewegungen bilden sich, und die Versammlungen driften immer mehr ab zu Auseinandersetzungen, wie man sich den Verein grundsätzlich vorstellt. Aber man kann nicht einfach über die Grundlage für das Miteinander in einem Sportverein abstimmen und dann sagen: So machen wir es jetzt. So eine Satzung muss gelebt werden, und dazu brauche ich einen breiten Konsens.
Heißt das, im aktuellen Fall sehen Sie diesen Konsens nicht?
Nein, den sehe ich wirklich nicht. Die letzte Satzungsänderung haben wir auf eine breite Basis gestellt. Mitglieder, Abteilungen und Gremien haben ein Modell erarbeitet, welches dann mit 90-prozentiger Zustimmung verabschiedet wurde. Jetzt liegt ein Antrag vor, den wir kurz vor der Mitgliederversammlung erhalten haben und den wir in dieser Form nicht unterstützen können. Die Abteilungen und die Vereinsgremien waren nicht involviert, so geht es nicht. Wie gesagt: Wir respektieren das Anliegen, aber die Art und Weise der Umsetzung lehnen wir ab.
Welche Probleme sehen Sie konkret?
Nehmen Sie nur einmal das Amt des Präsidenten: Jedes Mitglied würde in Zukunft nur noch 50 Unterschriften benötigen, um sich der Mitgliederversammlung zur Wahl zu stellen. Weitere Qualifikationen sieht die Satzung nicht vor, und es würde sie auch niemand überprüfen, da die Filterfunktion ja abgeschafft werden soll. Bei allem Respekt vor der Mündigkeit unserer Mitglieder: Es gibt zahlreiche Beispiele von anderen Klubs, wo so etwas schon schief gegangen ist. Und ich bezweifle stark, dass qualifizierte Kandidaten sich zukünftig in ein solches Verfahren begeben würden. Nicht umsonst sieht die Mustersatzung der DFL für Lizenznehmer einen Wahlausschuss vor, der den Mitgliedern Kandidaten vorschlägt. Die Befürworter der Satzungsänderung möchten mehr Auswahlmöglichkeiten schaffen.
Diese Auswahlmöglichkeiten sieht die bisherige Satzung bereits vor. Es ist richtig, dass davon bislang nicht ausreichend Gebrauch gemacht wird. Da muss in den Gremien sicher ein Umdenken stattfinden. In all unseren Gremien sitzen inzwischen Leute, die direkt aus der Mitgliedschaft gewählt werden und die an diesem Prozess mitwirken können. Auf der anderen Seite gibt es manchmal einfach nicht mehr Kandidaten, als Plätze da sind. Und selbst wenn nur ein Kandidat pro Posten zur Wahl steht, haben die Mitglieder immer noch das Recht, diesen abzulehnen. So geschehen auf der letzten Mitgliederversammlung, als zwei prominente Gremienvorsitzende nicht mehr gewählt wurden. Das war ein demokratischer Vorgang.
Sie wollen eine Diskussion über den Verein von heute anstoßen. Wie soll das aussehen?
Ich war in den letzten Wochen bei unseren Abteilungen zu Gast. Da haben mir die Leute gesagt: Nehmt den Wunsch der Mitglieder ernst, über die Entwicklungen im Verein zu diskutieren, bezieht uns ein. Dies haben wir in der Vergangenheit auch so gelebt. Wir sollten uns nach der Jahreshauptversammlung mit allen, also Gremien, Abteilungen und Mitgliedern, zusammensetzen und die verschiedenen Möglichkeiten analysieren. Dazu werden wir auf der Versammlung auch einen konkreten Vorschlag machen.
Welche Schlüsse ziehen Sie persönlich aus all dem?
Mein Ziel war es immer, Ruhe in den Verein zu bekommen. Als ich 2009 gewählt wurde, wollte ich Gräben zuschütten. Deshalb finde ich es schade, dass jetzt wieder Risse im Gefüge zu Tage treten. Wir haben im vergangenen Jahr viel gearbeitet und sind einen großen Schritt weiter gekommen. Wir werden in naher Zukunft hoffentlich die Möglichkeiten bekommen, entscheidende Dinge zu verändern: Stadionfinanzierung, Bau des Werner-Fuchs-Stadions, Verbesserung der Trainingsmöglichkeiten für die Jugend und Förderung der Ausbildung für Übungsleiter im Verein. Wir sollten alle gemeinsam an einem neuen Erscheinungsbild unserer Alemannia arbeiten. Damit wir auch als das wahrgenommen werden, was wir sind – nämlich als der größte Sportverein der Stadt Aachen, ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor und der wichtigste Werbeträger für die Stadt.