Geilenkirchen. Die November-Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Geilenkirchen beinhaltet stets den Entwurf für den Haushalt der Stadt im kommenden Jahr. Bürgermeister Georg Schmitz war erstmals nach seiner Wahl für diese Ausarbeitung verantwortlich. In seiner Haushaltsrede verwies Schmitz auf die trotz sprudelnder Einnahmen des Bundes auf den nicht ausreichenden Finanzausgleich für Länder und Kommunen. Ebenso würde auch die Stadt Geilenkirchen im nächsten Jahr einen Fehlbetrag auweisen. Diesen bezifferte Schmitz mit etwas mehr als 2,8 Mio. Euro: „Für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt bietet der Haushalt 2017 keine unangenehmen Überraschungen.“ Im Einzelnen bedeutet dies: keine Steuererhöhungen, keine gravierenden Gebührenerhöhungen, keine Standardabsenkungen, kein Haushaltssicherungskonzept. Das Ergebnis des Haushalts des Jahres 2017 wird demnach um fast 1,2 Mio. Euro besser sein, als das des laufenden Jahres.
Schmitz verwies darauf, dass im kommenden Jahr 5,3 Millionen Euro in die Infrastruktur investiert werden sollen. „Investitionsentscheidungen müssen aber auch mehr denn je mit Augenmaß und Weitsicht getroffen werden“, so der BM. Als Schwerpunkte nannte er den Umbau des Feuerwehrgerätehauses Prummern, die Sanierung der Mehrzweckhalle Lindern sowie die Fertigstellung des Hallenbades in Bauchem. Darüber hinaus wird in den Brandschutz städtischer Grundschulen sowie den Bau eines Bürgerhauses im Ortsteil Bauchem investiert.
Die komplette Haushaltsrede des Bürgermeisters lesen Sie hier:
Sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
unsere Welt verändert sich. Das hat sie zwar immer schon getan, aber momentan mit einer Geschwindigkeit die ihresgleichen sucht. Schaltet man morgens das Radio ein oder schlägt die Zeitung auf, ist man fast schon irritiert, wenn nicht eine Mega-Schlagzeile über den Äther geht.
Das geht quer über alle Bereiche. Egal ob Finanzmarkt, Weltwirtschaft oder internationale Politik. Es fällt zunehmend schwer, den Überblick zu bewahren. Flüchtlingskrise, Brexit, unzählige Kriege oder die Präsidentschaftswahl in den USA sind nur einige der Ereignisse, die vermeintlich ziemlich weit weg sind, aber unmittelbare Auswirkungen auch vor Ort haben. Wir handeln nicht mehr losgelöst, sondern werden mit den Folgen unmittelbar konfrontiert; man könnte gar von einer Glokalisierung sprechen.
Die Politik muss umdenken. Es scheint, als ob sich überall auf der Welt die Menschen gegen das Establishment richten. Das zeigen nicht nur die Wahlen in den USA und aktuellauch Frankreich, sondern auch im „Kleinen“, an der Basis, wie hier in Geilenkirchen. Die Bürger wollen gehört und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Sie haben oftmals den Eindruck „Es ist sowieso schon alles entschieden.“ Das heißt auch für die Verwaltung: „Wir müssen die Menschen bei städtebaulichen Veränderungen und Vorhaben noch früher mit ins Boot holen.
In einem Aufsatz in einer Fachzeitschrift las ich vor nicht allzu langer Zeit den Satz: „Für die kommunale Finanzsituation gilt das bekannte Wort von Heinrich Heine: ‘Es ist eine alte Geschichte, doch ist sie ewig neu‘.“ Damit gemeint war, dass auch, wenn sich aktuell die gemeindliche Haushaltslage, gemessen am Finanzierungssaldo aller Gemeinden, verbessert hat, die Situation der Kommunalhaushalte strukturell angespannt bleiben wird. Lt. Auffassung aller Sachkundigen muss dort weiter gegengesteuert werden und ein Kurieren an Symptomen allein wird nicht weiterhelfen.
Es gibt schon zu denken, dass trotz guter wirtschaftlicher Entwicklungen mit entsprechenden Steuereinnahmen auf allen staatlichen Ebenen bei gleichzeitiger Niedrigzinsphase und damit geringer werdenden Zinsbelastungen, die Mehrzahl der Kommunen – insbesondere in Nordrhein-Westfalen – Probleme bei der Erfüllung ihrer ureigenen Aufgaben haben.Das Land Nordrhein-Westfalen behandelt seine Kommunen hinsichtlich der finanziellen Ausstattung, und dafür ist das Land originär zuständig, schlecht. Es kann kein Zufall sein, dass gerade in Nordrhein-Westfalen die Kassenkreditstände bei den Kommunen mittlerweile ein gigantisches Ausmaß angenommen haben. Aktuell belaufen sich die kommunalen Kassenkredite in Nordrhein-Westfalen auf rd. 26 Milliarden Euro. Die Situation in Nordrhein-Westfalen istdamit grundlegend anders als beispielsweise im Süden und Osten der Republik. Dort ist der kommunale Kassenkredit die seltene Ausnahme. Und ein wesentlicher Grund dafür ist, dass der Finanzausgleich nach dem GFG vom Land seit vielen Jahren nicht ausreichend dotiert wird. Der Städte- und Gemeindebund fordert schon lange, die Verbundquote von 23,5 Prozent wieder auf 28 Prozent, also auf den Stand von Mitte der 80er Jahre, anzuheben. Auch der langjährigen Forderung des Städte- und Gemeindebundes nach gesplitteten fiktiven Hebesätzen mag das Land nicht nachkommen.
Für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt bietet der Haushalt 2017 keine unangenehmen Überraschungen. Im Einzelnen bedeutet dies:
- keine Steuererhöhungen
- keine gravierenden Gebührenerhöhungen
- keine Standardabsenkungen
- Kein Haushaltssicherungskonzept
Der Ergebnisplan sieht für das Jahr 2017 ordentliche Erträge in Höhe von 62.995.807 € vor. Demgegenüber stehen ordentliche Aufwendungen in Höhe von 65.784.544 €. Neben den ordentlichen Erträgen werden Finanzerträge in einer Höhe von 737.350 € erwartet. Für Finanzaufwendungen, vornehmlich Zinsaufwendungen, werden 791.500 € veranschlagt.
Der Gesamtergebnisplan sieht demnach einen Jahresfehlbetrag von 2.842.887 € vor. Dies entspricht einer Verbesserung gegenüber dem Jahr 2016 um 1.140.280 €.
Mit Blick auf unsere mittelfristige Finanzplanung bis 2020 werden Sie feststellen, dass wir dort entsprechend der uns mitgeteilten Orientierungsdaten des Innenministeriums von weiteren Verbesserungen ausgehen, dies betrifft insbesondere die Ertragsseite bei Steuern und Schlüsselzuweisungen. Diese Verbesserungen münden in einem planmäßig ausgeglichen Haushalt für das Jahr 2020. Die „schwarze Null“ ist also in greifbare Nähe gerückt.
Doch woher rühren diese erheblichen Verbesserungen?
Die Kommunalfinanzen beschäftigen mittlerweile nicht nur uns, sondern auch die Bundesebene. Es zeichnet sich ab, dass der Bund die Kommunen mit mehreren Milliarden Euro entlasten wird. Ab 2018 sollen die Kommunen mit 5 Milliarden Euro entlastet werden. Zudem wird der Bund ab 2017 voraussichtlich 1,5 Milliarden Euro für die anerkannten Flüchtlinge über die Kosten der Unterkunft im Bereich des SGB-II übernehmen. Das entlastet uns bei der allgemeine Kreisumlage.
Darüber hinaus sollen die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2020 neu geregelt werden. Alle Ebenen gehen derzeit davon aus, dass die Abfinanzierung des Fonds Deutsche Einheit – für Geilenkirchen immerhin ein Betrag von 700.000-800.000 Euro jährlich – ab dem Jahr 2020 entfallen wird.
Auch das Land hat einige Veränderungen zugunsten der Kommunen vorgenommen. Dies be-trifft insbesondere die Finanzierung der Flüchtlinge. Für diesen Bereich wird es erneut zu Veränderungen kommen. Das Land wird ab 2017 auf der Basis der monatlichen Statistiken die Leistungen für die Flüchtlinge berechnen. Wir werden aufgrund dieser Berechnungen 866 € je Flüchtling pro Monat erhalten. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Für Flüchtlinge, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, möchte das Land lediglich für drei Monate eine Kostenerstattung an die betroffenen Kommunen zahlen. Daraus ergeben sich für uns erhebliche Haushaltsrisiken. Wir haben als kreisangehörige Kommune ohne die Funktion als Ausländerbehörde keinen Einfluss auf die Aufenthaltsdauer ausreisepflichtiger Flüchtlinge.
Eine Herkulesaufgabe steht unverändert hinter der Herausforderung Integration.
Nachdem der Druck, ständig neue Betten für Asylbewerber bereitstellen zu müssen, deutlich abgenommen hat, verändert sich jetzt die Fokussierung. Bisher stand vor allem die Erstaufnahme im Mittelpunkt.
Während sich hier die Lage in den Gemeinschaftsunterkünften entspannt, nimmt der Druck in der sog. Anschlussunterbringung zu.
Und es rollt schon die nächste große Herausforderung auf die Stadt zu; nämlich denjenigen, die eine Bleibeperspektive haben, die Wege zur gesellschaftlichen Integration zu bahnen. Die Sprache ist ein zentraler Schlüssel zur Integration. Für uns bedeutet dies, dass wir noch schneller und noch mehr Sprachkurse für Erwachsene und Kinder bereitstellen müssen. Nötig sind aber auch Praktika und Ausbildungsmöglichkeiten, die sowohl den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Flüchtlinge, als auch denen des Arbeitsmarktes gerecht werden.
Daher haben wir im Haushaltsplan 2017 eine Position für Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen aufgenommen und mit 10.000 € dotiert. Refinanziert werden diese Maßnahmen unter anderem durch Spenden in Höhe von 5.000 und Zuweisungen vom Bund in Höhe von 1.000€.
Für die rund 60 Flüchtlingskinder, die in Geilenkirchen leben, müssen genügend Kindergarten- und Schulplätze geschaffen werden. Die Eingliederung dieser Kinder in unsere Kindergärten und Schulen ist nicht nur eine logistische und finanzielle Herausforderung, sondern vor allem auch eine pädagogische. Deshalb ist es auch erforderlich, dass wir in den Ortsteilen die freien Kapazitäten in Kindergärten und Schulen nutzen. Schon heute ist der Druck auf die weiterführenden Schulen groß und dieser wird noch größer.
Zum aktuellen Programm des Landes NRW „Gute Schule 2020“:
Wir können voraussichtlich 4 Jahre lang einen Betrag von 537.000 € über die NRW-Bank als Kredit abrufen, für den das Land NRW die Zinszahlung und die Tilgung komplett übernimmt. Da das Gesetz noch nicht verabschiedet ist und Fragen zur Veranschlagung dieser Mittel noch nicht abschließend geklärt sind, haben wir von einer Berücksichtigung im Haushaltsplanentwurf abgesehen. Das schließt einen Abruf der Mittel in 2017 aber nicht aus.In der Verwaltung wird bereits an einem Konzept zur Mittelverteilung und Mittelverwendung gearbeitet. In einem nächsten Schritt muss dann der Rat über dieses Konzept entscheiden. Erst dann können die Mittel abgerufen werden. Erforderlichenfalls werden wir mit einem Nachtragshaushalt nachsteuern.
Geilenkirchen lebt zu einem wesentlichen Teil von seiner besonderen Innenstadt. Angesichts der Herausforderungen durch den Online-Handel und die Flächenkonkurrenz durch andere mittelgroße Städtemüssen wir in den nächsten Jahren besondere Anstrengungen unternehmen, um die Attraktivität der Innenstadt als Einkaufsort, aber auch als Freizeitort zu steigern.
Mit kleinen, aber überauswirksamen Maßnahmen, wollen wir den Kundinnen und Kunden unserer Innenstadt ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Erste gemeinsame Aktivitäten mit dem Aktionskreis wie die Auflage eines Bonusheftes und einer Parkscheibe, welche auf das kostenlose Parken in unserer Innenstadt hinweisen soll, sind überaus positiv angenommen worden und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Im Haushaltsplan wurde daher ein neues Produkt mit dem Namen „Stadtmarketing“angelegt. Hierdurch soll auch transparent werden, welche finanziellen und personellen Anstrengungen die Stadt zur Belebung der Innenstadt unternimmt. Im Jahr 2017 steht für die Aktivitäten des Stadtmarketings ein Budget von rund 75.000 € inklusive Personalaufwand zur Verfügung.
Sicherlich werden Sie bei der Lektüre des Haushaltplanes feststellen, dass unsere Personalaufwendungen im Vergleich zum Vorjahr 2016 um rund 1,13 Millionen Euro steigen werden. Diese Zahl relativiert sich etwas, wenn Sie daran denken, dass wir ab dem Frühjahr wieder entsprechendes Personal für den Betrieb des neuen Hallenbades einstellen müssen. Ich will jedoch auch nicht verschweigen, dass wir entsprechend des in der vergangenen Ratssitzung gefassten Beschlusses über die Stellenplanänderung 4,5 neue Stellen im Bereich des gehobenen Dienstes eingerichtet haben.
An Personal zu sparen ist immer einfach, zumal bis zum Jahre 2020, eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen, meistens aus dem Leitungsbereich, in den Ruhestand wechseln werden. Angesichts der immer weiter steigenden Aufgaben, der Erwartungshaltung der Politik und durch das Anspruchsverhalten unserer Bürgerinnen und Bürger dürfte es aber illusorisch sein, hier größere Einsparungen vorzunehmen.
Wir haben zwar in den vergangenen Jahren durch eine gute Personalpolitik qualifiziertes Personal eingestellt, doch wird diese Lücke so schnell nicht gefüllt werden können. Wir werden daher bemüht sein, auch weiterhin Menschen auszubilden, damit es keine Vakanzen geben wird.
Last but not least möchte ich auf die in den kommenden Jahren geplanten Investitionen und deren Finanzierung eingehen. Investitionen sind richtig und wichtig für die nachhaltige Entwicklung einer Stadt. Deshalb werden wir im kommenden Jahr 5,3 Millionen Euro in unsere Infrastruktur investieren. Investitionsentscheidungen müssen aber auch mehr denn je mit Augenmaß und Weitsicht getroffen werden. Jede Investition führt zu Abschreibungen, Zinsaufwendungen und nicht selten auch zu höheren Unterhaltungsaufwendungen, die dauerhaft den Ergebnisplan und damit den Haushaltsausgleich belasten.
Schwerpunkte liegen 2017 im Umbau des Feuerwehrgerätehauses Prummern, der Sanierung der Mehrzweckhalle Lindern sowie der Fertigstellung des neuen Hallenbades. Darüber hinaus wird in den Brandschutz städtischer Grundschulen sowie den Bau eines Bürgerhauses im Ortsteil Bauchem investiert. Zusätzlich wird in die Sanierung von Kindergärten sowie im Tiefbaubereich in den Ausbau von Straßen und in die Erneuerung bzw. Erweiterung der Kanalisation investiert.In den Folgejahren wird der Investitionsschwerpunkt in der Fliegerhorstsiedlung Neu-Teveren liegen. Die vom Rat beschlossenen Maßnahmen des Handlungskonzeptes sind im Haushaltsplan bereits berücksichtigt.
Beim Bau des Hallenbades liegen wir nach wie vor im Zeitplan. Der vom Rat beschlossene Kostenrahmen wird nach heutigem Kenntnisstand nur geringfügig überschritten.
Der Gesamtbetrag der Kreditaufnahmen ist im Finanzplan mit 1.791.344 € veranschlagt. Angesichts der Tatsache, dass wir auch Kredite in Höhe von 1.834.000 € tilgen werden, führt diese Kreditaufnahme nicht zu einer Netto-Neuverschuldung. Im Gegenteil, die Stadt baut in den Jahren 2017 bis 2020 konsequent Schulden ab.
Aufgrund der guten Kassenlage wird die Stadt sowohl im Jahr 2016 als auch im Jahr 2017 überdies keine Kredite zur Liquiditätssicherung aufnehmen müssen.
Am Ende meiner Rede möchte ich zunächst meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung danken, die im vergangenen Jahr eine tolle Arbeit abgeliefert haben. Unserem Kämmerer Daniel Goertz danke ich sehr herzlich für die Aufstellung dieses Haushaltsplanes, der uns den Weg zum Haushaltsausgleich im Jahr 2020 aufzeigt. Meine Damen und Herren Stadtverordnete, ich bin mir sicher, dass der Haushaltsplanentwurf auch Ihre Zustimmung finden wird.
Ich appelliere an die Ortspolitik, zukünftig den Schulterschluss mit der Verwaltung zu suchen. Uns ist klar, dass wir nicht gegen die Menschen vor Ort hier etwas durchsetzen dürfen. Wir sind letztendlich von der Bürgerschaft gewählt worden, auch ich als Bürgermeister, um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten.Die Probleme sind nicht einfach. Wir müssen gemeinsam, ausschließlich zum Wohle der hier lebenden Menschen, Lösungen finden. Der Rat und die Verwaltung sind kein Gegeneinander, sondern sind auf einander angewiesen.