„Jung und Alt, Lernort Nordsee“ – „Kompetenz stärken – Toleranz fördern“, ein gelungenes Projekt

Geilenkirchen. Vor nunmehr 19 Jahren wurde vom Franziskusheim und der Anita-Lichtenstein-Gesamtschule in Geilenkirchen ein gemeinsames Projekt mit dem Namen „Jung & Alt – Lernort Altenheim“ ins Leben gerufen. Seitdem bekommen die Seniorinnen und Senioren des Franziskusheimes jeden Mittwoch Besuch von Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule. Bei den dreistündigen Mittwochs-Treffen werde gespielt, vorgelesen, gebacken oder einfach nur geredet. Aber auch Projektwochen, Tagesausflüge und gemeinsame Radiosendungen gehörten zu den Aktivitäten.

Diese Ansprachen durch die junge Generation genießen die Seniorinnen und Senioren, und beide Seiten können viel voneinander lernen. Ein positiver Nebeneffekt ist es zudem, dass die Schüler an Pflegeberufe herangeführt würden. Zusätzlich bereichern viele gemeinsame Spaziergänge den Alltag der Heimbewohner. „Das beispielhafte Projekt führt zu einem generationenübergreifenden Austausch und fördert das aktive Miteinander von Jung und Alt“, weiß auch der Geschäftsführer der Franziskusheim gGmbH, Alfons Nickels.

Die Schüler setzten sich mit der Lebenssituation alter und pflegebedürftiger Menschen auseinander und erhalten im täglichen Umgang mit den Senioren Anstöße zur Förderung ihres Sozialverhaltens. Das Projekt fand bundesweit Lob und Anerkennung und wurde zwischenzeitlich mit mehreren Auszeichnungen bedacht. Gesamtschullehrer Karl-Gerd Steffens ist ebenso wie die Diplomsozialpädagogin Claudia Sonnenschein von Anfang an dabei und begleitet das gemeinsame Miteinander noch heute. „Zwischen unseren Schülern und den Heimbewohnern entsteht eine intensive Art von Nähe“, sagt Karl-Gerd Steffens und Schülerin Inka Baron bestätigt: „Es baut sich im Laufe der Zeit eine sehr persönliche Beziehung auf.“ Die 6er Klassen sind der Einstieg in die Franziskusheim AG und die Kontakte ziehen sich zumeist über mehrere Jahre. Auch über die Schulzeit hinaus besuchen noch ehemalige Schüler des Projektes ihre befreundeten Seniorinnen oder Senioren im Franziskusheim.

Fünf Tage verbrachten nun acht Bewohner des Franziskusheimes und acht Schülerinnen und Schüler der Anita-Lichtenstein-Gesamtschule Geilenkirchen eine gemeinsame Ferienfreizeit in den Niederlanden. Westkapelle an der Nordsee war das Ziel der Gruppe, die von Diplomsozialpädagogin  Claudia Sonnenschein, drei Pflegekräften und natürlich Karl-Gerd Steffens begleitet wurde.

Gefördert durch das Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ konnte die Ferienfahrt erst- und einmalig kostenfrei angeboten werden. Für das Bundesprogramm hat sich die Stadt Geilenkirchen im vergangenen Jahr erfolgreich  beworben. Mit dem Programm würdigt die Bundesregierung bürgerliches Engagement für Demokratie und Toleranz durch finanzielle Zuwendungen. Zahlreiche Maßnahmen sind unter dem Dach von „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ auch in Geilenkirchen  bereits abgewickelt worden. Für einen Zeitraum von drei Jahren werden über 270.000 Euro für förderungswürdige Maßnahmen zur Verfügung gestellt, so auch für „Jung & Alt an der Nordsee“.

„Wir haben gemeinsam schon zahlreiche Tagesausflüge und Spaziergänge unternommen und mit den Bewohnern des Franziskusheimes viel erlebt“, sagt Steffens während des Aufenthaltes in Westkapelle. Die Projektschüler Wiktoria Adamski (12), Ronja Reulen (12), Melanie Suchan (12), Inka Baron (17), Melanie Bernhard (17), Christina Heutz (18), Marc Reyans (17) und Tim Zährer (17) hatten sich mit den acht Heimbewohnern im Alter von 60 bis 87 und den pädagogischen Kräften Claudia Sonnenschein, Conny Konheiser, Matthias Deckers und Detlef Hunscha in Richtung Westkapelle auf den Weg gemacht. Nach etwas mehr als dreistündiger Fahrt konnten sie die erste frische Meeresluft genießen.

Der 64-jährige Harald Hartenstein ist Vorsitzender des Heimbeirates und hatte sich schon vorher auf die Fahrt nach Holland gefreut. „Zuerst haben wir die Umgebung erkundet und lecker Eis gegessen“, blickt Hartenstein zurück. Jung wie Alt waren im Ferienhaus „Duinzicht“ (Dünensicht) nur rund 100 Meter von dem großen Leuchtturm, einem Wahrzeichen von Westkapelle einquartiert. Das Haus ist barrierefrei hergerichtet und verfügt über alle Annehmlichkeiten, die Menschen mit Gehbehinderung benötigen. Zum Strand sind es rund einen Kilometer und der wurde – inklusive des Strandcafés – dann am zweiten Tag erkundet. Die Bewohner des Franziskusheimes schauten aus ihrem Rollstuhl den Jugendlichen beim Plantschen in der Nordsee begeistert zu und dabei wurden sicherlich Erinnerungen an ihre Jugendzeit geweckt.

Am Mittwochmorgen standen erst einmal Gesellschaftsspiele auf dem Plan, denn der Regen erlaubte keinen Ausflug in die Umgebung. Am Nachmittag bummelten die Geilenkirchener durch das historische Städtchen Middelburg und bekamen so schöne Eindrücke von der Lebensweise der Niederländer vermittelt. Am Donnerstag kam dann „hoher Besuch“ aus Geilenkirchen. Der Geschäftsführer der Franziskusheim gGmbH, Alfons Nickels, Finanzbuchhalter Andreas Seidler und Chefkoch Frank Niggemann hatten Schnitzel, Grillwurst und Salate mitgebracht, die es am späten Nachmittag zu verspeisen galt. Gemeinsam machten sich am Morgen alle erst einmal auf den Weg zum Strand, wobei die Schüler die Bewohner an der Hand nahmen oder im Rollstuhl schoben.

Der Umgang miteinander erwies sich als sehr herzlich und die Verständigung über alle Altersgrenzen hinweg war vorbildlich. Vor dem Strandgang hatten die Jungs und Mädels ihre Seniorinnen und Senioren ordentlich mit Sonnenschutzmittel eingecremt, denn die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel. Erneut am kilometerlangen Strand von Westkapelle angekommen sahen die Heimbewohner einem Dutzend Anglern auf dem Steg beim Fischen zu und träumten vor der Kulisse vorbeifahrender Schiffe von fernen Ländern.

Harald Hartenstein lobt die „jungen Wilden“ als einmalig und hat nicht nur seinen Erfahrensschatz weiter gegeben, sondern auch von den Jugendlichen gelernt, deren lockere Umgangsart zu akzeptieren. Die acht Gesamtschüler ließen es sich am letzten Tag nicht nehmen, einen ausgestellten englischen Panzer aus dem zweiten Weltkrieg zu besteigen und den großen Leuchtturm zu besichtigen. Am Abend vor der Heimreise schnappte sich Marc Reyans seine Gitarre und sang zusammen mit Melanie Bernhard ein paar Lieder, für die die Seniorinnen und Senioren anschließend Beifall spendeten. Zwischenzeitlich sind Alt wie Jung gesund in Geilenkirchen angekommen und werden sich noch gerne an die schöne Zeit in Westkapelle erinnern.

„Kompetenz stärken – Toleranz fördern“, ein gelungenes Projekt.