Prof. Dieter Crumbiegel begeht seinen 80. Geburtstag

Ein Überblick der Lebensleistung des Künstlers und Kunstkenners

Prof. Dieter Crumbiegel

Heinsberg / Übach-Palenberg. Wer im Jahr 2018 80 Jahre alt wird, durchlebte 80 Jahre oder acht Jahrzehnte aufregende Lebenszeit. Das ist eine durchaus beeindruckende Zahl. Alleine schon die darin vorkommenden Ereignisse von politischer und gesellschaftlicher Bedeutung, von denen der Geburtstagsjubilar Zeitzeuge war, übersteigen fast das Vorstellungsvermögen jüngerer Menschen:
den schrecklichen 2. Weltkrieg und sein Ende, die Nachkriegszeit und die Jahre des Wirtschaftswunders, Pop-Kultur und Rock`n Roll, die Einführung des Fernsehens, die Fußballweltmeisterschaft von 1954, das digitale Zeitalter, im politischen die Vereinigung der der beiden deutschen Staaten sowie den Aufbau Europas
In diesem großen Weltgeschehen war für Dieter Crumbiegel in seiner Jugend prägend der Besuch des altsprachlichen Burggymnasiums in seiner Geburtsstadt Essen mit dem Abitur als Abschluss der Schulzeit.
Es schloss sich eine vierjährige Studienzeit an der staatlichen Hochschule für bildende Künste in Kassel an. Malerei studierte er bei den Professoren und Künstlern Fritz Winter und Marie-Louise von Rogister, Keramik bei Walter Popp, Kunsttheorie bei Prof. Dr. Stephan Hirzel und Kunstpädagogik bei Prof. Ernst Röttger. Fritz Winter zählt als Maler und Gründungsmitglied der Künstlergruppe „ZEN49“ zu den wesentlichen Vorreitern der Abstraktion im Nachkriegs-Europa. Geboren 1906 war er Schüler von Paul Klee und Wassily Kandinsky am Bauhaus. Fritz Winter machte Crumbiegel zu seinem Meisterschüler und förderte seinen künstlerischen Werdegang. So erhielt Crumbiegel schon in seinem zweiten Studienjahr ein Ferienstipendium bei der Max-Beckmann-Gesellschaft in München verbunden mit einem längeren Aufenthalt in der Villa Lilamor bei Lilly Bertha Dorothea von Mallinckrodt-Schnitzler in Murnau und wurde schließlich Mitglied der Studienstiftung des Deutschen Volkes, wiederum auf Vorschlag von Prof. Fritz Winter. „Als Künstler ist Crumbiegel in der Malerei also stark beeinflusst von der modernen Klassik in direkter Nachfolge von Klee, Kandinsky und Winter“ wie es der Kunstexperte Herbert Albin Knops anlässlich einer Ausstellung von Dieter Crumbiegel im Schloss Zweibrüggen treffend ausdrückte.
Nach Abschluss seines Studiums erarbeitete er mit seinem Künstlerfreund und Kollegen Robert Sturm das didaktische Konzept des neugegründeten „Pädagogischen Fachinstitutes“ in Fulda (heute Fachhochschule Fulda). Beide bildeten als Dozenten dort in den folgenden Jahren Kunst- und Werkerzieher für allgemeinbildende Schulen aus. Parallel arbeitete Crumbiegel als Künstler in der Malerei und vor allem in der Keramik weiter und gab der Entwicklung der heute kunstgeschichtlich abgeschlossenen, sogenannten „Modernen Keramik“ in den folgenden Jahren entscheidende Impulse.
Im Jahr 1972 nahm Crumbiegel den Ruf als Dozent an der Staatlichen Fachschule für Keramik-Gestaltung in Höhr-Grenzhausen an. Er leitete die Klasse für Plastik und Baukeramik. In dieser Zeit stand er mit seiner Auffassung von moderner Kunst in einer direkten Konkurrenz zu der Lehre der konservativen Gebrauchskeramik, wie sie bis heute im Kunsthandwerk vertreten ist. Hans-Ulrich Roller vom Württembergischen Landesmuseum Stuttgart charakterisierte 1988 die künstlerische Arbeit von Crumbiegel im Katalog des Keramions, Frechen, folgendermaßen (Zitat): „Dieses sichere Gespür für Flächengliederungen, die fast mühelos wirkende Fähigkeit, Flächen in Schwingung zu versetzen, die Spontaneität des Gestischen – dies natürlich am ausdrucksvollsten in seinen Bildern! – kennzeichnen und sichern die wichtige Position seines Werkes in der künstlerischen Keramik der letzten drei Jahrzehnte.“
Seine Arbeiten im Bereich der modernen Keramik fanden Anerkennung u.a. 1974 mit der Verleihung des Staatspreises des Landes Rheinland-Pfalz für keramische Objekte durch den damaligen Ministerpräsidenten Helmuth Kohl sowie 1975 mit dem 1. Preis im Wettbewerb „Deutsche Keramik der Gegenwart“. Es folgte 1979 die Mitgliedschaft in der „International Academy of Ceramic, Genf“. Die deutschen Mitglieder schlossen sich dann in den 80-ziger Jahren zur „Deutsche Keramiker Gruppe 83“ zusammen, um Keramik als eigenständige Kunstform in Deutschland zu vertreten und Deutsche Keramikerinnen und Keramiker durch Ausstellungen und Publikationen im In- und Ausland bekannt zu machen.
In dieser Schaffensphase gewann Crumbiegel mehrere 1. Preise für Ausführungen im Rahmen von „Kunst am Bau“ an öffentlichen Gebäuden zum Beispiel in Bonn, Siegburg, Köln und der Marine-Station Borkum. Ausstellungen im In- uns Ausland machten sein Werk so bekannt, dass seine Arbeiten in den verschiedensten öffentlichen Sammlungen des In- und Auslandes zu sehen sind.
1979 schließlich erhielt er den Ruf an die Hochschule Niederrhein in Krefeld als Professor im Fachbereich Design. Dort lehrte er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2001. Er fand zu einem eigenständigen und bis dahin unbekannten Lehrkonzept – der Krefelder Schule für Keramik / Design – für die von ihm geleitete Studienrichtung. Prof. Fritz Vehring, Hochschule für Gestaltung Bremen, äußert sich 2001 wie folgt (Zitat): „Hier entstand etwas, was meines Wissens einzigartig ist und in seiner Bedeutung wohl erst viel später gerecht beurteilt werden kann.“
In dieser Zeit der Lehre und beruflichen Bestätigung fand Dieter Crumbiegel wieder mehr Zeit für seine anderen, privaten Freizeitlieben wie das Hochseesegeln und seine Liebe zur barocken Musik auf der Querflöte, beides untrennbar verbunden mit seiner Frau und Weggefährtin Marlies Seeliger-Crumbiegel, sei es auf dem eigenen Schiff oder bei der Hausmusik auf dem Cembalo. Abgesehen von seiner Malerei ist er seitdem auch stets sehr interessiert, Kunstinteressierten die Malerei und die Qualität der Kunst insbesondere in Kursen und Lehrveranstaltungen näher zu bringen. Unterstützt wurde er in der Seminararbeit von seiner Frau Marlies, die sich parallel zu seinem Bemühen um die Malerei besonders für die Weitervermittlung der modernen Keramik einsetzte. Dabei ergänzten sie sich gegenseitig in der Beurteilung und Bewertung der erzielten Erfolge ihrer Kursteilnehmer.
In 1984 beendet Crumbiegel seine keramischen Arbeiten, um sich nur noch seinem ursprünglichen Fach, der Malerei zu widmen, für die er sich bestimmt sieht.
Nach dem plötzlichen, für alle völlig unerwarteten Tod seiner Ehefrau und der damaligen Vorsitzenden des Künstler-Forum Schloss Zweibrüggen im April 2012 zerbricht für Dieter Crumbiegel das gemeinsame Leben und vor allem die von beiden getragene tiefe Verbindung der künstlerischen Leidenschaft. Aus diesem Tief begann er sich befreien, indem er zusammen mit seiner Familie den Marlies-Seeliger-Crumbiegel Preis ausschrieb. Unter Mitarbeit des Künstler-Forum Schloss Zweibrüggen, mit der besonderen Unterstützung durch die Sparkassen-Kunststiftung der Kreissparkasse Heinsberg und nicht zuletzt der Stadt Übach-Palenberg wurde die erste Preisverleihung organisiert. Die Aktion war ein unerwartet guter Erfolg. Diese gemeinsame Aktion war dann auch der Beginn einer intensiven Zusammenarbeit vom Künstler-Forum Schloss Zweibrüggen und Professor Dieter Crumbiegel. Er übernahm 2014 die Führung des Künstler-Forum Schloss Zweibrüggen und setzte die Arbeit seiner Frau fort. Mit seinen Fachkenntnissen, seinem großen Fachwissen im Bereich des kreativen Kunstschaffens sowie der Kunstgeschichte richtete er die Zielsetzungen für das Künstler-Forum immer stärker aus in Richtung Qualität in der Ausgestaltung der Kunstausstellungen. Auf seine Initiative hin wurden neue Veranstaltungsformen entwickelt wie der Jahresempfang und letztendlich die Jahresausstellung für möglichst viele Künstler aus den überregionalen Bereichen. Künstler aus Deutschland und dem nahen Ausland lernten auf diese Weise das besondere Ambiente des Schlosses Zweibrüggen für die Kunst kennen. Mit diesen neuen Schwerpunktpunktsetzungen kam er seinem Ziel, Schloss Zweibrüggen und damit auch Übach-Palenberg zu einem zentralen Punkt der Kunst zu machen, näher.
Aktuell betreibt er seine Malerei in bis dahin unbekannter Intensität. Die jährlichen Werkverzeichnisse und eine größere Zahl an Ausstellungen belegen dies eindrucksvoll. Er ist auf dem Wege zu einem Ziel, das noch im Unbekannten liegt.
Dabei gibt sich der Jubilar keineswegs zufrieden, auf das Geleistete blickend sich zurückzulehnen sowie zufrieden und stolz auf seine Leistungen zu sein. Vielmehr sieht er nach Fertigstellung eines Werks, Erreichen eines Ziels sofort wieder eine Verbesserung, ein neues Ziel, neue noch nicht gefundene Möglichkeiten.
Zitat Crumbiegel: „Mich interessiert nicht, was ich schon weiß. Mich interessiert nicht die fertige Form, sondern was es mit der Malerei noch zu entdecken gibt.“