Geilenkirchen. Der Haushalt der Stadt Geilenkirchen für 2014 ist unter Dach und Fach. Mit der riesigen Mehrheit von CDU, SPD, Bürgerliste und FDP sprach sich der Stadtrat gegen die vier Stimmen der Grünen und der einen von Manfred Mingers (Linke) für das Zahlenwerk im Umfang von rund 60 Millionen Euro aus. Zwar lässt das Haushaltssicherungskonzept, das für Geilenkirchen noch bis 2023 gilt, ohnehin keine großen Möglichkeiten beim Verteilen der Haushaltsgelder zu, doch pflegen die Fraktionsvorsitzenden die Tradition der Haushaltsreden weiter. Und diese sind nicht nur Schaulaufen, sondern werden auch genutzt, um Scherpunkte zu setzen und mit dem politischen Gegner abzurechnen.
Bei der Ratssitzung traf diese Abrechnung ausschließlich die Grünen und dabei vor allem deren Sprecher Hans-Jürgen Benden. So sagte Wilhelm Josef Wolff (CDU): „Die Grünen in unserer Stadt sind nicht politikfähig, weil sie nicht kompromissfähig sind“. Und an die Person von Hans-Jürgen Benden gerichtet: „Sie schaden dieser Stadt mehr als Sie ihr nützen!“
Zum Haushalt selbst sagte Wolff, dass dieser an das Zahlenwerk von 2013 anknüpfe. Wenn es keine Besserung gebe, liege das daran, dass Bund und Land schönen Worten keine Taten folgen ließen. Vor allem das Land NRW lasse die Kommunen hängen, so dass diese zum Beispiel für Bereiche wie Soziales und Jugendhilfe neue hohe Kassenkredite aufnahmen müssten. Geilenkirchen stehe dabei mit 180 Euro pro Kopf der Bevölkerung zur Tilgung dieser Kredite noch relativ gut da. Dass es bei dem fehlenden Geld für freiwillige Leistungen dennoch ein funktionierendes Gemeinwesen gebe, liege an dem großen Potential von Menschen zum Beispiel in den Vereinen, die sich ehrenamtlich engagieren. „Das ist ein wirklicher Schatz, der im Haushalt nicht auftaucht!“
Im Zusammenhang mit dem notwendigen Hallenbad-Wiederaufbau erinnerte Wolff daran, dass die Bauchemer Vereine ein neues Zuhause brauchen. Schulen und Kindergärten in der Stadt seien in gutem Zustand, allerdings leide die Schulsituation an mangelndem Platz für Hauptschüler, und mit der Inklusion gebe es neue, auch finanzielle Probleme. Wenn auch die Stadt mit den Sanierungsschritten stets mehr Lebensqualität biete, dürfe man die Probleme wie Leerstände beim Einzelhandel nicht übersehen. Auch vermisse man einen Haushaltsansatz für die Wirtschaftsförderung. Im Hinblick auf die Außenorte, so Wolff, müsse man feststellen, dass Wege und Straßen nicht in Ordnung seien. Da hier wieder nur 350.000 Euro für die Sanierung bereit stünden, werde es zu Investitionsstaus in Millionenhöhe kommen. Wolff forderte, für eine flächendeckende – also auch für kleine Ortschaften – Ausdehnung der Glasfaseranschlüsse zu sorgen. Außerdem äußerte er die Hoffnung, dass das Land sich mit dem Entwurf des Landesentwicklungsplans (LEP) nicht durchsetzen werde, denn die kommunale Entwicklung sei grundsätzlich in Ordnung.
In die Kritik an der Fraktion der Grünen und deren Sprecher Benden stimmte auch Horst-Eberhard Hoffmann (SPD) ein, der den Grünen eine „Beton-Opposition“ bescheinigte. In seiner Rede blickte Hoffmann weniger auf Zahlen als auf die Ziele der Stadtentwicklung, wobei auch er die mangelnde Unterstützung aus Berlin und Düsseldorf beklagte. Insgesamt sei Geilenkirchen jedoch auf einem guten Weg, was sich auch in der nur knapp gestiegenen Pro-Kopf-Verschuldung (auf 1.002,83 Euro) ausdrücke. Als lobenswert hob Hoffmann auch den trotz sparsamer Personalpolitik ungebrochenen Ausbildungswillen der Verwaltung hervor.
Nicht in Ordnung sei, so Hoffmann, jedoch die Schulpolitik in der Stadt, was man am Schülerrückgang für die Realschule sehe. Hoffmann: „Wir haben ein Realschulproblem!“ Außerdem warnte er davor, dass unter dem Druck des Haushaltssicherungskonzeptes die Jugend- und Sozialpolitik unter finanziellen Gesichtspunkten betrieben wird („Familien sind keine Handwerksbetriebe“). Auch die Betreuung der Flüchtlinge und Asylbewerber laufe nicht optimal, hier schlage die SPD den Einsatz eines Sozialarbeiters auf 450-Euro-Basis vor. („Dieses Geld können wir wieder hereinholen, wenn wir die Ortsvorsteher abschaffen“). Auch Hoffmann forderte, im Zusammenhang mit dem Hallenbadneubau an den fehlenden Treffpunkt für die Bauchemer Vereine zu denken.
Der an diesem Abend viel gescholtene Grünen-Sprecher Hans-Jürgen Benden begründete die Ablehnung seiner Fraktion unter anderem mit den teuren Plänen für den vierten (240.000 Euro) und fünften (450.000 Euro) Abschnitt der Stadterneuerung. Hier habe man sich kleinere und preiswerte Schritte (eine Stadterneuerung „mit kleinem Geld“) vorgestellt. Ohnehin sei der der Haushalt viel zu sehr auf die Innenstadt fokussiert. Zum Sparwillen des Rates (zum Beispiel mit weniger Ausschusssitzungen) merkte er an, dass damit jährlich 2060 Euro gespart würden und gleichzeitig mit einem neuen Ortsvorsteher soviel Geld ausgegeben werde, dass unter dem Strich genau 35,60 Euro pro Jahr an Einsparung übrig bliebe.
Auch Hans-Jürgen Benden sah positive Seiten der Stadtentwicklung. So zum Beispiel die Umstellung der Beleuchtung auf LED-Technik. Ein Skandal dagegen sei die Schulpolitik der Stadt. Da gebe es dringenden Handlungsbedarf, über den man vielleicht einmal fraktionsübergreifend in kleinem Kreis sprechen müsse. Auch er betonte die Notwendigkeit eines Bürgerhauses für Bauchem und warnte beim Hallenbadneubau vor Extravaganzen.
Trotz kleiner Kritikpunkte, so Christian Kravanja als Sprecher der Bürgerliste, stimme man dem Haushalt 2014 zu. Zwar gelinge der Haushaltausgleich wieder nur durch Entnahme aus der allgemeinen Rücklage, doch sei es anderen Kommunen in den vergangenen Jahren schlechter als Geilenkirchen gegangen. Auch er ging kurz auf die Entwicklung in der Schulpolitik ein und dabei insbesondere auf die Inklusion. Nach Meinung der Bürgerliste müssten auch Förderschulen erhalten bleiben, und wenn die Kosten für die Beschulung von behinderten Kindern in Regelschulen auf die Kommunen abgewälzt würden, müsse man notfalls dagegen klagen. Wie seine Vorredner zeigte er Verständnis für den Wunsch der Bauchemer Vereine nach einer Unterkunft, nachdem die Schwimmbadgaststätte mit dem Hallenbad abgebrannt ist.
Das Sanierungskonzept für den Stadtkern, so Kravanja weiter, mache das Gesamtbild der Stadt freundlicher und könne auch dem Einzelhandel nützen. Wenn man auch jetzt bei den Realsteuerhebesätzen verpflichtet sei, hohe Durchschnittswerte anzusetzen, müsse man sehen, dass man davon abrücken könne, sobald man die Haushaltssicherung verlassen habe. Bei den mit 8,3 Millionen Euro prognostizierten Einnahmen als Gemeindeanteil an der Einkommensteuer gehe seine Fraktion von einer höheren Summe aus. Auch Christian Kravanja griff das Thema Ortsvorsteher auf. Die Ausgaben dafür seien ein unnötiger Aufwand, die könne man sich schenken.
Tosca Frohn als Sprecherin der FDP-Fraktion im Rat wies darauf hin, dass es bei den Haushaltsplänen im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes zwar eine Kontinuität gebe, betonte jedoch auch, dass nicht alles planbar sei, vor allem nicht bei der mangelnden Unterstützung durch Land und Bund. So seinen zum Beispiel bei der U 3-Kinderbetreung, in der Schulpolitik und bei der Betreuung von Flüchtlingen Kostensteigerungen zu erwarten. Im Hinblick auf die derzeit mangelnde staatliche Förderung erinnerte sie an den Ausspruch des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss: „Die Gemeinde ist wichtiger als der Staat“. Auch wenn man die Stadt nicht „kaputt sparen“ dürfe, müsse man wachsam bleiben – zum Beispiel beim Bau des neuen Hallenbades, das kein Luxusbad werden dürfe. Aber der Haushalt 2014 biete bei allen Problemen noch Handlungsmöglichkeiten, so Tosca Frohn, und deshalb stimme die FDP ihm zu.
In gewohnter Knappheit begründete Manfred Mingers (Linke) seine Ablehnung des Haushalts 2014, den er als einen „Haushalt für Privilegierte“ bezeichnete. Mingers machte das vor allem an der Schulpolitik fest. Auch in diesem Jahr habe die Stadt die Chance vertan, einen Schritt in die richtige Richtung zu tun. Man habe die Möglichkeit gehabt, die Gesamtschule auszubauen, doch stattdessen verteidige man Zähnen und Klauen das dreigliedrige Schulsystem, obwohl jedem klar sein müsse, dass nach wie vor der soziale Status des Elternhauses über die Ausbildung der Kinder entscheidet. Das Thema „Haushalt für Privilegierte“ machte Mingers auch an dem Beispiel klar, dass es für eine Weihnachtsbeleuchtung in der Innenstadt einen Zuschuss gebe (und dass obwohl die Geschäfte die Kosten selbst tragen könnten), während es für eine Einrichtung wie den Bürgertreff kein Geld gebe.
Für zwei der Fraktionssprecher war die Rede zum Haushalt 2014 übrigens die letzte Haushaltsrede. SPD-Sprecher Horst-Eberhard Hoffmann wird nach der Kommunalwahl in die zweite Reihe zurücktreten und teilte dies sichtlich bewegt dem Rat mit. Und auch für Tosca Frohn ist mit der Wahlliste der Geilenkirchener FDP die Zeit als Fraktionsvorsitzende beendet. Auch sie wies darauf im Rat hin. (mh)