Geilenkirchen. Der Geilenkirchener Haushalt 2013 und das Haushaltssicherungskonzept sind unter Dach und Fach. Bei der Ratssitzung am Mittwochabend sprachen sich die Fraktionen von CDU, SPD, Bürgerliste und FDP für das Zahlenwerk aus, die Grünen stimmten dagegen. Vor drei Wochen hatte Bürgermeister Thomas Fiedler den Entwurf im Haupt- und Finanzausschuss vorgestellt und erläutert, und nach der Verwaltung hatten jetzt die Politiker das Wort. Allerdings sind durch den engen Spielraum, den die Haushaltslage bietet, auch die Gestaltungsmöglichkeiten der Politik geringer geworden, so dass die Haushaltsreden mehr Bewertungen als neue Vorschläge enthalten.
Eine drastisch negative aber auch eine positive Seite konnte CDU-Sprecher Wilhelm Josef Wolff in seiner Rede dem Zahlenwerk abgewinnen. Mit der Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben müssen, so Wolff, die Rücklagen um weitere 5,7 Millionen Euro geschwächt werden, positiv dagegen sei, dass das Haushaltssicherungskonzept wohl von der Kommunalaufsicht genehmigt werde. Der strenge Sparzwang werde in den nächsten zehn Jahren zu einschneidenden Verschlechterungen im öffentlichen Leben führen, und daran sei unter anderem die Landesregierung schuld, die den Kommunen immer größere Ausgaben für Sozialleistungen zumute. 7,2 Millionen Kassenkredite und jährliche 110.000 Zinsen dafür mit steigender Tendenz seien besorgniserregend. „Die Landesregierung rechnet ihre eigene Bilanz auf Kosten der Kommunen schön“, sagte Wolff und war sich darin mit den anderen Fraktionen einig. Die CDU stimme dem Haushalt nicht aus Überzeugung zu, sondern weil sie wisse, dass es nicht anderes gehe.
Wie später auch die Redner der anderen Fraktionen betonte Wolff die Bedeutung des möglich schnellen Wiederaufbaus des vom Feuer zerstörten Schwimmbades, wobei man auf ein Bad mit weniger Betriebskosten achten müsse. Die Resonanz der Bürger auf die Geilenkirchener Bemühungen in der Stadtsanierung sei positiv, sagte Wolff, und nutzte diesen Punkt zur Abrechnung mit den Grünen. Wäre man deren Vorschlägen gefolgt, hätte die Stadt heute kaum noch Parkplätze. „Bürgerwille“, so Wolff an die Adresse der Grünen, „ist für Sie immer dann gegeben, wenn es gerade auch Ihr Wille ist!“
Der CDU-Sprecher mahnte, dass man bei allen Sparbemühungen die Außenorte nicht weiter vernachlässigen dürfe, das könne später zu einem Reparaturstau führen. Die Umstellung von tausend Straßenlaternen auf LED-Technik begrüßte er ebenso wie den erklärten Willen der Verwaltung, weiter auszubilden. Allerdings gelte es hier, durch eine Ausschöpfung des Beförderungsspielraums eine Abwanderung von Fachkräften aufzuhalten.
„Wir Kommunen sind ganz schön arm dran“, meinte SPD-Fraktionschef Horst-Eberhard Hoffmann zu Beginn seine Haushaltsrede. Mit Sorge blickte Hoffmann auf die aktuellen Ergebnisse der Volkszählung mit ihrem großen Einwohnerschwund für Geilenkirchen, der in der Zukunft zu weniger Fördermitteln führen wird. Einige Punkte sah Hoffmann genauso wie sein CDU-Kollege. Anders bewertete er jedoch die Entwicklung auf dem Schulsektor. In der Schulpolitik sei die Stadt auf dem Holzweg, was allein der Rückgang bei den Anmeldungen zur Realschule zeige. Erfreulich, so Hoffmann, sei es, dass es immer noch freiwillige Leistungen und eine Vereinsförderung gebe. Allerdings mahnte er an, einen neuen Schlüssel für die Vereinsförderung zu finden und damit Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Auch wies er auf den schlechten Zustand der städtischen Sportstätten hin. In den Punkten Schwimmbadneubau mit Einsparpotential und Ausbildungswillen der Stadtverwaltung war Hoffmann mit seinem Vorredner einer Meinung. Auch er bedauerte, dass viele junge Leute nach der Ausbildung gehen. Die SPD, so ihr Sprecher an die Adresse der Verwaltung, lehne die Anwendung der Vorruhestandsregelung strikt ab, sie koste nur Geld.
Hoffmann sprach auch das Thema Erhöhung der Kreisumlage an. Hier teile die SPD nicht die Meinung des Bürgermeisters, der Kreis helfe sparen. Vielmehr „hockt der Kreis auf seinen Rücklagen“, ein Plus von 177.000 Euro bei der Kreisumlage sei ärgerlich. Ebenfalls mit Blick auf den Kreis betonte Hoffmann, dass man weiter für das GK-Autokennzeichen kämpfen werde. Seine Ratskollegen ermahnte er, künftig den Punkt „Einnahmeverbesserungen“ mehr zu beachten, und schloss seine Rede mit dem Hinweis auf die Feststellung der Industrie- und Handelskammer Aachen, der Haushalt 2013 zeige erstmals seit Jahren wieder positive Perspektiven.
Obwohl seine Fraktion den Haushalt ablehnte, dankte Grünen-Sprecher Hans-Jürgen Benden der Verwaltung für ihre Arbeit. Der Weg in eine menschenfreundliche und generationengerechte Stadt werde immer schwieriger und teurer. Das gelte vor allem auch für Energiepreise, deshalb dürfe man bei der energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude nicht nachlassen. Beim neuen Schwimmbad solle man nicht nur 25, sondern durchaus 50 Prozent Einsparungen anvisieren. „Aber wir Grünen werden bei unseren Vorschlägen immer wieder ausgebremst“, sagte Benden und verwies auf das Beispiel LED-Technik in der Straßenbeleuchtung, was nun gehe und noch vor wenigen Monaten nach einem Grünen-Antrag abgelehnt wurde.
Der Ratsmehrheit warf er vor, mit geringen Einsparungen bei den Fraktionskosten „Augenwischerei“ betrieben zu haben, da man nun mit der Wiedereinführung eines Ortsvorstehers für die Innenstadt zusätzliches Geld ausgeben wolle. Zum Thema Stadtsanierung wies Benden auf die Einsparung von 186.000 Euro hin, für die seine Fraktion mit der Beschwerde bei der Kommunalaufsicht gegen die teuren Parkplatzpläne vor dem Gymnasium gesorgt habe. Bei der Sanierung dürfe der Synagogenplatz nicht immer wieder ausgeklammert werden, es gehe schließlich um ein sensibles Denkmal. Schämen müsse man sich, mittlerweile als „baumärmste Innenstadt im Kreis“ zu gelten. Auch in der Schulpolitik habe die Ratsmehrheit versagt, was die Situation an der Realschule mit den vielen Neuaufnahmen mit Hauptschulempfehlung zeige. Die Grünen würden in diesem Punkt eine Anfrage an die Schulaufsicht bei der Bezirksregierung stellen. Nur wer viel Geld habe könne sich Fehler leisten, und da man am Haushalt viele politische Fehler sehe, könne man ihn nicht mittragen, schloss Benden.
Für die Bürgerliste sah deren Sprecher Christian Kravanja das Haushaltssicherungskonzept „von der aktuellen Entwicklung überrollt“. Bei einem Bevölkerungsschwund von sieben Prozent müsse man fragen, ob das Konzept in dieser Form noch Bestand haben könne. Allerdings müsse man mit den jetzt vorhandenen Zahlen rechnen, und danach sei ein Haushaltsaugleich in zehn Jahren möglich. Doch könnten nur geringe Einnahmeverluste das gefährden, und es sei eine große Herausforderung, von 5,8 Millionen Fehlbetrag jetzt auf die anvisierten 328.000 Euro Überschuss 2023 zu kommen. Bei diesen Sparzwängen sei es zum Beispiel angesagt, das teure Projekt „Bahnunterführung“ endgültig zu streichen. Sparen könne man auch im Bereich Hallenbad, indem man beim Neubau auf Sauna und Restaurant verzichte. Kravanja begrüßte die Einsparungen bei der Straßenbeleuchtung und sprach auch die Erhöhungen der Steuerhebesätze an, hier liege Geilenkirchen im Regierungsbezirk immer noch im unteren Drittel. Er bescheinigte der Verwaltung eine gute Arbeit für Etatentwurf und Haushaltssicherungskonzept, beiden stimme die Bürgerliste zu.
Zustimmung kam auch von der FDP, für die Tosca Frohn wie ihre Vorredner von CDU und SPD auf die fatale Haltung der Landesregierung hinwies, die vor allem mit der Zuweisung von immer teureren Sozialleistungen die Kommunen belaste. Fehler liegen nach ihrer Meinung im Gemeindefinanzierungsgesetz, das Gelder nach einem total veralteten Schlüssel verteile und vor allem ländliche Gemeinde benachteilige. Sorge bereite der FDP vor allem die Höhe der notwendigen Kassenkredite, sagte Tosca Frohn, in den nächsten Jahren müssten neue Wege beschritten werden, um zu sparen. Richtig sei es gewesen, meinte die FDP-Sprecherin an die Adresse der Grünen gerichtet, mit der Umstellung von Straßenbeleuchtung auf LED-Technik zu warten, bis die technische Entwicklung weiter fortgeschritten war. Auch den Vorwurf der Grünen, der Rat habe in der Schulpolitik versagt, wies Tosca Frohn entschieden zurück. Nicht der Rat, sondern der Elternwille habe sich gegen eine mögliche Sekundarschule entschieden. (mh)